Zeitsystem
Als Zeitsysteme werden in Wissenschaft und Technik genau definierte Zeitskalen verstanden. Sie beruhen primär auf der Erdrotation oder der Erdbahn um die Sonne, können sich aber je nach Verwendungszweck in der zugrundeliegenden Zeiteinheit geringfügig unterscheiden.
Im Alltag wird der Begriff hingegen auch für relative Systeme verwendet, deren Nullpunkt je nach Anwendung willkürlich festgelegt wird – etwa für Arbeitsvorbereitung, Betriebssysteme, Software oder Schaltkreise. Die Zeitsysteme der Chronologie und Geologie wiederum gliedert man durch herausragende Ereignisse der Menschheits- und Erdgeschichte.
Zeitsysteme in der Wissenschaft
In den Natur- und Geowissenschaften spielen präzise Zeitsysteme eine doppelte Rolle: einerseits als Basis verschiedener Messmethoden, u.a. zur Laufzeitmessung elektromagnetischer Wellen, für Positions- und für Bahnbestimmungen. Andererseits sind sie erforderlich, um die Orientierung der Erde im Raum, ihre Bewegung im Sonnensystem und ihre Formveränderungen zu beschreiben.
Jedes dieser Systeme stellt eine genau definierte Zeitskala oder eine zusammengehörige Gruppe solcher Skalen dar, auf die konkrete (gemessene oder berechnete) Zeitpunkte bezogen werden können. Diese Skalen bilden eine Art Maßstab der Zeitmessung und haben
- als Grundlage ein physikalisch-theoretisches Modell, das
- für die technische Anwendung genügend genau realisiert sein muss, beispielsweise durch Zeitsignalsender.
- Das wichtigste dieser Zeitsysteme ist jenes der Weltzeit (UT1 und UTC) und deren laufend publizierter Unterschied dUT1, sowie
- sein scharf zu definierender Zusammenhang mit Atom- und Sternzeit
- und die streng an die Atomzeit gekoppelte GPS-Zeit.
Zeitsysteme in Technik und Alltag
Im Bereich der Technik und des Alltags werden ebenfalls die obigen Zeitskalen verwendet, insbesondere die Weltzeit und die jeweilige Zonenzeit (MEZ, MESZ usw.). Doch steht der Begriff „Zeitsystem“ auch für individuelle, relative Zeitskalen, die weniger scharf definiert und dem jeweiligen Zweck angepasst sind.
Als Zeiteinheit gilt die Sekunde. Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Zeitsystemen ist jedoch der Nullpunkt der Zeitskala oft willkürlich festgesetzt oder dem jeweiligen technischen Prozess angepasst. Beispiele für solche Zeitsysteme sind:
Exakte Zeitsysteme
- Interne Zeitskalen von Quarzuhren (summierte Zyklen des Schwingquarzes) oder anderen Taktgebern, etwa für elektronische Stoppuhren oder relative Zeitregistrierung
- Intervallzählern, etwa für Laufzeitmessung elektromagnetischer Wellen
- in der Computertechnik die Systemzeit, siehe auch PC-Betriebssystem
Chronologie und Geologie
In der Chronologie und den Erdwissenschaften – insbesondere der Geologie – erfolgt die Definition von Zeitskalen durch herausragende Ereignisse wie
- durch die Abfolge geologischer Schichten (Formationen) und paläontologischer Leitfossilien, Stratigrafie.
- bei Spielen, insbesondere Zweipersonenspielen, ein Regelwerk, um den Spielern gleichmäßig viel Bedenkzeit zu geben.
Zeitdifferenz und Zeitskala
Kontinuierliche Zeitskalen als Grundlage aller Zeitsysteme können auch zur Bestimmung von Zeitdifferenzen dienen – zum Beispiel in Form von Laufzeiten, Rechenzeiten, Planung von Zeitbedarf und dergleichen. Zeitdifferenzen können aber auch unabhängig von Skalen gemessen werden – zum Beispiel mit mechanischen oder elektronischen Stoppuhren, mit einem Oszillator, einer Sanduhr oder auf dem Umweg über eine Geschwindigkeit.
Literatur
- Wilhelm Westphal: Die Grundlagen des physikalischen Begriffssystems. 2. Auflage, Vieweg-Verlag 1971
- J. Bennett, M. Donahue, N. Schneider, M. Voith: Astronomie – die kosmische Perspektive. Basiskapitel S1.1 (Zeitmessung, astr.Zeitsysteme) und S2 (Raum und Zeit, Relativität). Hrsg. Harald Lesch, 5. Auflage (1170 S.), Pearson-Studienverlag, München-Boston-Harlow-Sydney-Madrid 2010
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.09. 2023