Vektorielle Größe

Eine vektorielle Größe oder gerichtete Größe ist eine physikalische Größe, die – im Gegensatz zu den skalaren Größen – einen Richtungscharakter hat. Typische vektorielle Größen sind die kinematischen Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung, die dynamischen Größen Impuls und Kraft bzw. Drehimpuls und Drehmoment sowie die Feldstärken der elektrischen und magnetischen Felder der Elektrodynamik. Vektorielle Größen werden sowohl zeichnerisch als auch rechnerisch wie geometrische Vektoren behandelt, wobei einige Besonderheiten zu beachten sind.

Darstellung

Die Kraft als vektorielle Größe wird durch einen Pfeil veranschaulicht. Der Vektor kann entlang seiner Wirkungslinie verschoben werden.

Vektorielle Größen werden meist mit einem Pfeil über dem Symbol ({\vec {a}}) oder durch Fettdruck (\mathbf a) kenntlich gemacht. Das entsprechende Größensymbol ohne Kennzeichnung steht für den Betrag der Größe: {\displaystyle a:=|{\vec {a}}|} bzw. {\displaystyle a:=|\mathbf {a} |}. In Zeichnungen wird die vektorielle Größe durch einen Pfeil dargestellt, dessen Länge steht für den Betrag der Größe.

Mathematische Eigenschaften

Im Gegensatz zu geometrischen Vektoren steht eine vektorielle Größe nicht für eine räumliche Verschiebung. So sind z.B. Kräfte keine Elemente des Ortsraums, sondern eines eigenen Vektorraums, auch wenn sie zur Veranschaulichung in räumliche Skizzen eingetragen werden. In anderen Worten: Obwohl sie als gerichtete Strecken dargestellt werden, haben sie in aller Regel nicht die Dimension eines Weges.

Der Vektorraum V, in dem eine vektorielle Größe {\vec {a}} lebt, ist im Allgemeinen einem Punkt P im Raum zugeordnet. Dies lässt sich durch einen Index {\displaystyle {\vec {a}}_{P}\in V_{P}} ausdrücken. Eine vektorielle Größe an einem anderen Punkt Q ist nicht Element des Vektorraums V_{P}, sondern lebt in einem eigenen Vektorraum V_{Q}. Zwei vektorielle Größen lassen sich nur dann addieren, wenn sie Element desselben Vektorraums sind. Dies geschieht durch eine Parallelverschiebung. Ein Kraftvektor lässt sich beispielsweise entlang seiner Wirkungslinie verschieben (siehe Abbildung).

Wenn es eine Funktion gibt, die jedem Punkt im Raum eine vektorielle Größe zuordnet, so bezeichnet man die Funktion als Vektorfeld.

Viele physikalische Probleme lassen sich im dreidimensionalen euklidischen Raum beschreiben. Eine solche vektorielle Größe lässt sich daher durch einen Vektor aus einem Vektorraum mit Dimension 3 beschreiben. In der Relativitätstheorie wird zur Angabe einer Richtung in der Raumzeit zusätzlich eine Richtung in der Zeit festgelegt, daher werden hier meist Vierervektoren aus einem vierdimensionalen Vektorraum verwendet.

Je nach Verhalten unter Raumspiegelung unterscheidet man axiale und polare Vektoren. Eine vektorielle Größe, die durch einen axialen Vektor gegeben ist, behält ihre Richtung bei, während eine vektorielle Größe, die durch einen polaren Vektor gegeben ist, ihre Richtung umkehrt. Das Verhalten unter einer unten beschriebenen gewöhnlichen Koordinatentransformation ist bei beiden gleich.

Koordinaten und Komponenten

Eine vektorielle Größe lässt sich durch ihre Koordinaten beschreiben, d.h. durch ein Tupel von Zahlen, das die Orientierung der Größe im Raum kennzeichnet. Häufig werden kartesische Koordinaten verwendet. Um den Richtungscharakter einer vektoriellen Größe wiederzugeben, eignet sich deshalb die Darstellung als Spaltenvektor:

{\displaystyle {\vec {a}}={\begin{pmatrix}a_{1}\\a_{2}\\a_{3}\end{pmatrix}}}

Statt mit 1, 2 und 3 werden die Koordinatenachsen oft mit x, y und z bezeichnet. Die z-Achse ist üblicherweise die vertikale Achse, während sich die xy-Ebene in der Horizontalen erstreckt. Manchmal sind andere Koordinatensysteme wie Kugelkoordinaten sinnvoller. Dabei wird einerseits der Betrag der Größe angegeben und andererseits die Richtung durch die beiden Winkel \vartheta und \varphi .

Daneben wird auch die Komponentenschreibweise verwendet. Dabei sind die a_{i} mit {\displaystyle i\in \{1,2,3\}} die Koordinaten des Vektors bezüglich einer zuvor festgelegten Basis {\displaystyle \{{\vec {e}}_{1},{\vec {e}}_{2},{\vec {e}}_{3}\}}. Die Größe kann dann als Summe ihrer Komponenten {\displaystyle a_{i}{\vec {e}}_{i}} geschrieben werden:

{\displaystyle {\vec {a}}=\sum _{i=1}^{3}a_{i}{\vec {e}}_{i}}

Für eine Orthonormalbasis erhält man umgekehrt die Koordinaten durch das Skalarprodukt

a_{i}={\vec {a}}\cdot {\vec {e}}_{i}.

Die Koordinaten einer vektoriellen Größe sind je nach Wahl der Basisvektoren unterschiedlich. Die Koordinaten a_{i} im ungestrichenen Koordinatensystem hängen mit den Koordinaten {\displaystyle a'_{i}} im gestrichenen Koordinatensystem über die Relation

{\displaystyle {\vec {a}}=\sum _{i=1}^{3}a_{i}{\vec {e}}_{i}=\sum _{i=1}^{3}a'_{i}{\vec {e}}'_{i}}

zusammen. Üblicherweise wird eine Koordinatenbasis {\displaystyle \textstyle {\vec {e}}_{i}={\frac {\partial }{\partial x^{i}}}} verwendet, bei der die Basisvektoren „in Richtung der Koordinaten“ x^{i} zeigen. Mit hoch- und tiefgestellten Indizes lassen sich kovariante und kontravariante Vektoren unterscheiden. Das Transformationsverhalten einer vektoriellen Größe unter einer Koordinatentransformation entspricht einem Tensor der Stufe 1, ein Skalar entspricht einem Tensor der Stufe 0. Vektorielle Größen lassen sich daher allgemein über ihr Transformationsverhalten unter Koordinatentransformationen definieren. Die Transformation der Basisvektoren ist durch

{\displaystyle {\vec {e}}'_{i}=\sum _{j=1}^{3}{\frac {\partial x^{j}}{\partial x'^{i}}}{\vec {e}}_{j}}

definiert. Beispielsweise ist der Basisvektor {\vec {e}}_{r} bei einer Transformation der Koordinaten (x,y,z) nach {\displaystyle (r,\vartheta ,\varphi )} durch die partiellen Ableitungen der Koordinatenfunktionen x, y und z gegeben:

{\displaystyle {\vec {e}}_{r}={\frac {\partial x(r,\vartheta ,\varphi )}{\partial r}}{\vec {e}}_{x}+{\frac {\partial y(r,\vartheta ,\varphi )}{\partial r}}{\vec {e}}_{y}+{\frac {\partial z(r,\vartheta ,\varphi )}{\partial r}}{\vec {e}}_{z}}

Als Beispiel für die drei Darstellungsarten soll die Gewichtskraft dienen, die den Betrag F=mg hat, wobei m die Masse des Körpers und g die Schwerebeschleunigung ist.

Zwangsbedingungen können die Zahl der erforderlichen Koordinaten reduzieren. Ist ein physikalisches Problem auf eine Ebene beschränkt, reicht ein zweidimensionales Koordinatensystem aus. Im eindimensionalen Fall ist der Richtungscharakter der vektoriellen Größe nur noch durch ihr Vorzeichen erkennbar.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 09.09. 2019