Alkoholvergiftung
Klassifikation nach ICD-10 | ||
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T51 | Toxische Wirkung von Alkohol | |
T51.0 | Ethanol | |
ICD-10 online |
Die Alkoholvergiftung (oder Alkoholintoxikation, C2-Abusus) ist eine Vergiftung des menschlichen Körpers durch Ethylalkohol (Ethanol), welche das Bewusstsein und andere Körperfunktionen schwer beeinträchtigt. Sie kann im Extremfall zum Tod durch Atemstillstand und/oder Kreislaufversagen führen. Bei der Alkoholvergiftung im engeren Sinne ist die akute Vergiftung gemeint, die durch (einmalige) übermäßige Aufnahme (Trinken) von Alkohol bzw. alkoholhaltigen Getränken verursacht wird. Davon abzugrenzen ist die chronische Alkoholvergiftung oder auch Alkoholkrankheit, die durch fortgesetzten bzw wiederholten Alkoholgenuss entsteht und schwere organische Veränderungen nach sich zieht.
Diagnose nach ICD-10
Eine akute Alkoholintoxikation (F10.0) wird festgestellt, wenn akute Beeinträchtigungen des Bewusstseins, der Kognition, der Wahrnehmung, der Affekte oder des Verhaltens vorhanden sind, die eindeutig auf die Wirkung von Alkohol zurückgeführt werden können. Für die Diagnose muss mindestens eine der folgenden Verhaltensauffälligkeiten beobachtet worden sein:
- Enthemmung,
- Streitlust,
- Aggressivität,
- Affektlabilität,
- Aufmerksamkeitsstörung,
- Einschränkung der Urteilsfähigkeit oder
- Beeinträchtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit,
- Doppelbildwahrnehmung auf Grund gestörten Fusionsvermögens,
- Störung der Akkommodation,
- alkoholinduzierter Lagerungsnystagmus.
Zudem muss mindestens eines der folgenden Merkmale vorliegen:
- Gangunsicherheit (Ataxie),
- Standunsicherheit,
- verwaschene Sprache,
- Bewusstseinsminderung (zum Beispiel Somnolenz, Koma),
- Gesichtsröte (Erröten),
- Bindehautrötung (Hyperämie, konjunktivale Injektion).
Eine schwere Alkoholintoxikation kann auch mit Hypotonie (niedrigem Blutdruck), Hypothermie (Unterkühlung) und einem abgeschwächten Würgreflex einhergehen.
Kommen bei einer akuten Vergiftung Komplikationen hinzu (zum Beispiel Verletzungen, Aspiration von Erbrochenem, Delir, Wahrnehmungsstörungen, Koma), spricht man von einem komplizierten Rausch. Die Art der Komplikation wird im ICD-10 an fünfter Stelle (F10.0x) codiert.
Von einem pathologischen Rausch (pathologische Alkoholintoxikation, F10.07) spricht man, wenn die Alkoholintoxikation bereits bei einer Trinkmenge auftritt, die bei den meisten Menschen keine Intoxikation hervorruft (unter 0,5 Promille) und mit verbaler Aggressivität oder körperlicher Gewalt einhergeht, die für denjenigen untypisch ist. Ein organischer Hirnschaden oder eine andere psychische Störung darf nicht vorliegen (in diesem Fall sollte eine entsprechende andere Diagnose vergeben werden).
Diagnose nach DSM-5
A. Kurz zurückliegender Alkoholkonsum
B. Klinisch bedeutsame verhaltensbezogene oder psychische Veränderungen (zum Beispiel unangemessenes aggressives oder sexuelles Verhalten, Affektlabilität, beeinträchtigtes Urteilsvermögen), die sich während oder kurz nach dem Alkoholkonsum entwickeln.
C. Mindestens eines der folgenden Anzeichen oder Symptome, die sich während oder kurz nach dem Alkoholkonsum entwickelt haben:
- verwaschene Sprache
- Koordinationsstörungen
- unsicherer Gang
- Augenbewegungsstörung
- Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen
- Stupor oder Koma
D. Die Anzeichen oder Symptome gehen nicht auf einen anderen medizinischen Krankheitsfaktor zurück oder können nicht besser durch eine andere psychische Störung einschließlich einer Intoxikation durch eine andere Substanz erklärt werden.
Eine entsprechende ICD-10 Codierung wird je nachdem vorgenommen, ob eine Alkoholkonsumstörung vorliegt:
- ohne komorbide Alkoholkonsumstörung: F10.929
- leichte komorbide Alkoholkonsumstörung: F10.129
- mittlere oder schwergradige Alkoholkonsumstörung: F10.229
Stadien
Bei der akuten Alkoholvergiftung unterscheidet man vier verschiedene Stadien, die abhängig von der Blutalkoholkonzentration sind. (Aufgrund der individuellen Unterschiede in der Reaktion auf Alkohol sind die angegebenen Grenzen nur grobe Anhaltspunkte.)
Erstes Stadium
Exzitation (Blutalkoholkonzentration zwischen 1 und 2 Promille):
- Enthemmungserscheinungen, z.B. Redseligkeit, Flapsigkeit (bereits ab 0,2 Promille)
- verlängerte Reaktionszeit (bereits ab 0,3 Promille)
- verminderte Schmerzwahrnehmung (bereits ab 0,5 Promille)
- gestörtes Gleichgewicht (bereits ab 0,8 Promille)
- gerötete Augen
- leicht undeutliche Sprache
Zweites Stadium
Hypnose (Blutalkoholkonzentration zwischen 2 und 2,5 Promille):
- evtl. Aggressivität
- Sprach- und Artikulationsstörungen
- Koordinationsstörungen
- Sehstörungen
- Schlaffheit (Muskeln)
- verengte Pupillen
- Amnesie
Drittes Stadium
Narkose (Blutalkoholkonzentration zwischen 2,5 und 4 Promille):
- Bewusstlosigkeit
- Schockzustand
- erweiterte Pupillen
Viertes Stadium
Asphyxie (Blutalkoholkonzentration ab 4 Promille):
- Koma
- weite und reaktionslose Pupillen
- Schockzustand → Kreislaufversagen → Tod
- Abnahme der Spontanatmung → Atemstillstand → Tod
- Hypothermie → Tod
Welche Alkoholdosis tödlich ist, schwankt von Person zu Person sehr stark und ist abhängig von der Alkoholverträglichkeit des Konsumenten. So kann bei einigen Menschen schon bei 3 Promille der Tod eintreten, während ein anderer auch 6 Promille überlebt. Auch sind Extremfälle bekannt, bei denen Konsumenten höhere Blutalkoholkonzentrationen überlebt haben, dies allerdings nur mit rascher intensivmedizinischer Betreuung (Dialyse, Infusionen zum "Verdünnen" des Blutalkohols, Glukoseinfusionen bei Hypoglykämiegefahr).
Therapiemaßnahmen
In erster Linie gilt es bei einer Alkoholvergiftung die Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf) zu erhalten. Daher ist eine Unterbringung auf einer Intensivstation nötig. Da ab einer Blutalkoholkonzentration von ca. 2 Promille akute Schockgefahr besteht, nimmt die Schockbekämpfung einen wichtigen Platz in der Therapie ein. Als Infusionszusatz wird bei drohender Hypoglykämie eine Glukoselösung verabreicht. Wegen des überfüllten Magens kommt es sehr leicht zum Erbrechen und zur Aspirationsgefahr, was eine ständige Absaugbereitschaft erfordert. Bei Verlust des Bewusstseins ist eine kombinierte stabile Seiten- und Schocklage nötig (nur auf Liegen/Tragen möglich).
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.01. 2024