Markt
Unser Stadtrundgang beginnt auf dem Marktplatz im Stadtzentrum. Er gehöhrt mit einer Fläche von mehr als 5 000 m2 zu den größten und geschlossensten Anlagen in Thüringen.
Der Marktplatz ist das letzte erhalten gebliebene städtische Ensemble innerhalb der Altstadt und steht daher ganz unter Denkmalschutz. Wenn auch einige maßstablose Bauten der Zeit um 1900 und 100 Jahre
später den Gesamtcharakter beeinträchtigen, so gehört dieser Platz in seinen imposanten Abmessungen von 85 x 60 m zu den größten und geschlossensten Anlagen Thüringens, neben denen in Gotha, Gera, Saalfeld oder
auch Naumburg.
Die Akzente werden durch das Rathaus in der Südwestecke, die ehemalige Marktmüllerwohnung und spätere Weinstube "Göhre" in der Nordostecke und das Haus Nr. 19 gesetzt — Bauwerke,
die auch als Einzeldenkmale Schutz genießen. Die übrige Bebauung, zumeist aus dem 18./19.Jh. stammend, besteht vorwiegend aus traufseitigen, verputzten Fachwerkhäusern mit unterschiedlichen Dachformen —
insbesondere an der Ost- und Südseite des Platzes. Die alten Bauten nördlich vom Rathaus fielen 1945 den britisch-amerikanischen Bombenangriffen zum Opfer.
Die durch den Zweiten Weltkrieg entstandene Baulücke neben dem Rathaus wurde 1997 mit einem "stilechten" farbenfrohen Geschäfts- und Wohnhaus-Komplex geschlossen.
Für die Rolle der Stadtentwicklung waren gerade die Lokalen- oder Wochenmärkte besonders wichtig. Sie regelten den Austausch von gewerblichen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen zwischen der werdenden Stadt und der ländlichen Umgebung. Die gewerbliche Produktion war für den Austausch auf dem Markt bestimmt.
In der zweiten Hälfte des 12. Jh. entwickelte sich Jena zu einem Marktort. Dieser Entwicklungsprozeß hing sehr eng mit Handelsverbindungen zusammen. Noch heute bilden die Hauptstraßenzüge der Altstadt ein nahezu regelmäßiges Gitter, das auf die Achse Johannisstraße - Saalstraße ausgerichtet ist. In der Nähe von dieser Achse entstand der Marktplatz. Für die Auswahl des Platzes war es von Bedeutung, daß er unmittelbar an der Hauptverkehrsader lag und außerdem eine verhältnismäßig gute Sicherheit gegenüber der Gefahr des Hochwassers bot. Die Ausrichtung des Marktplatzes im rechten Winkel zur Hauptverkehrsachse (Johannisstraße - Saalstraße) und parallel zum Löbdergraben kann als eine machtpolitische Äußerung des Stadtgründers, dessen Stammburg im Süden der Stadt lag, aufgefaßt werden.
Aus der ländlichen Umgebung wurden vor allem Nahrungsmittel zur Versorgung der Stadtbevölkerung, Rohstoffe für die gewerbliche Produktion und verschiedene Produkte der Land- und Viehwirtschaft in der Stadt abgesetzt. Bei der Benutzung des städtischen Marktes waren verschiedene Zölle und Marktabgaben zu leisten. Der eigentliche Marktzoll wurde beim Kauf und Verkauf von Waren erhoben. Um die Stadt-Land-Beziehungen zu fördern, waren die Bewohner einiger Ortschaften, etwa die aus Ammerbach, beim Kauf für den eigenen Bedarf und beim Verkauf der eigenen Erzeugnisse auf den Jenaer Markt vom Zoll befreit. Als Mittelpunkt der Maktbeziehungen zwischen Stadt und Land hatte die Stadt Jena eine große Bedeutung.
Wochenmärkte sind in Jena jedoch erst seit Anfang des 15. Jh. belegbar. So wurde im Jahre 1406 der Dienstagsmarkt genannt. Auch wenn der Jenaer Wochenmarkt urkundlich im 13. und 14. Jh. nicht erwähnt wurde, kann kaum daran gezweifelt werden, daß ein solcher in dieser Zeit bestanden hat.
Außer den Wochenmärkten gab es in Jena auch Jahrmärkte. Im Jahre 1354 war von "drien iarmargtin" die Rede. Einer fand vier Wochen nach Ostern, die anderen beiden zu ungenannten Zeiten statt.
Für die Bauern der Umgebung bot der Markt eine Bezugsquelle für viele von ihnen gewünschte Güter. Sie wiederum versuchten, ihre Waren günstig abzusetzen. Dabei wurden die Bauern jedoch mit einer Reihe von Einschränkungen belastet. Sie mußten ihre Erzeugnisse (Getreide, Butter, Vieh u.a.) unverarbeitet zum Markt bringen. Die Weiterverarbeitung (Mahlen, Backen, Schlachten u.s.w.) erfolgte dann durch städtische Handwerker. Außerdem wachte der Stadtrat Jenas streng darüber, daß die Bauern ihre Lebensmittel nicht in den umliegenden Dörfern eintauschen.
An der Ostseite des Marktplatzes neben dem ehemaligen Kirstenschen Haus steht eines der wertvollsten historischen Gebäudeensembles der Stadt, der Stadtspeicher.
Die zwei Häuser gehörten einst einem Händler. Erst 1994 konnten die Gebäude durch dendrochronologische Untersuchungen baugeschichtlich richtig eingeordnet werden.
Die Stadt erwarb das Anwesen und ließ es denkmalgerecht sanieren. Dafür wurde ihr 2003 der Thüringer Denkmalschutz-Preis verliehen. Der erste Ständergeschossbau
entstand um 1384. Die schlichte mittelalterliche Fachwerkkonstruktion und die hohe Halle im Erdgeschoss verweisen auf die Nutzung als Kontorhaus. 1435 wurde an den
Warenspeicher ein Wohnhaus angebaut. In ihm erhebt sich über einem massiven Erdgeschoss ein zweigeschossiger Ständergeschossbau mit einer konstruktiv
eigenständigen Holzstube von ca. 30 m2 Grundfläche und 4 Metern Höhe.
Im schiefergedeckten Dachgiebel des Bürgerhauses Markt 11 aus der Zeit um 1907 finden wir eine Darstellung des Stadtwappens mit dem Erzengel Michael. Unter den
Fenstern im ersten Stock verläuft ein Relieffries mit einem Bacchanten-Umzug. Die Böttcher feiern Bacchus, den Gott des Weines.
Impressionen
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Datum der letzten Änderung : Jena, den: 04.11. 2014