Sprunganweisung
Eine Sprunganweisung oder ein Sprungbefehl ist eine Anweisung in einer Programmiersprache. In Computerprogrammen dient sie dazu, die Verarbeitung nicht mit dem nachfolgenden Befehl, sondern an einer beliebigen definierten Stelle fortzuführen.
Die bekannteste Sprunganweisung ist das sogenannte Goto (von englisch go to gehe zu, nach). Dies ist in der Programmierung ein Befehl im Programmcode, der einen Sprung zu einer anderen Stelle im Programm bewirkt.
Verzweigungen zu Unterprogrammen (auch: Subroutine und Function) werden mittels Call oder ähnlich lautenden Befehlen (je nach Programmiersprache und Unterprogrammtyp) ausgeführt.
Ein Rücksprung ist die Rückkehr zu der Stelle, an der das (Haupt-)Programm nach einem solchen Aufruf und der Ausführung eines Unterprogramms fortzusetzen ist – häufig veranlasst durch eine Return-Anweisung im Unterprogramm.
Jedoch wird auch der Sprung zurück an eine schon mal besuchte Stelle im Programmcode, also die Wiederholung eines Programmabschnitts in einer Schleife, als Rücksprung bezeichnet. Anstelle von Goto-Anweisungen werden in modernen Programmierverfahren sogenannte Kontrollstrukturen verwendet; Details siehe unten.
Sprunganweisungen auf Maschinenebene
Im Unterschied zu den Hochsprachen spricht man hier häufiger von Sprungbefehlen als von Sprunganweisungen.
Prozessoren kennen in der Regel mehrere verschiedene Sprungbefehle. Diese kann man einteilen in:
- bedingt oder unbedingt
- Der Sprung wird entweder immer ausgeführt oder nur wenn eine Bedingung erfüllt ist.
- absolut, relativ, Register oder Speicher
- Das Programm wird an der angegebenen Adresse fortgeführt.
- Es erfolgt der Sprung relativ zur aktuellen Position. Damit ist verschiebbarer (relozierbarer) Code möglich.
- Man kann das Sprungziel berechnen
JMP reg
. - Die Adresse des Sprungziels steht irgendwo im Speicher
JMP [reg]
oderJMP [reg+offs]
.
Eine besondere Form von Sprungbefehlen sind Unterprogrammaufrufe, d.h. Sprünge mit Rückkehrabsicht. Bei deren Ausführung wird zuerst die Adresse des Folgebefehls gesichert (auf dem Stack oder in einem Register), erst dann wird an die Zieladresse gesprungen. Über Rücksprungbefehle kann das Unterprogramm wieder an die ursprüngliche Position zurückkehren und das Programm so fortgesetzt werden. Die Rücksprungadresse wird vom Stack entnommen oder steht in einem Register.
Sprunganweisungen auf Hochsprachenebene
In höheren Programmiersprachen ist eine Sprunganweisung eine Anweisung der Form
goto Markenname
oder
if Bedingung goto Markenname
Im ersten Fall wird sie unbedingte Sprunganweisung, in zweiten
bedingte Sprunganweisung genannt. Dabei steht Markenname
für
den Namen einer Sprungmarke,
die an einer anderen Stelle des Programms definiert ist. Bei der Abarbeitung des
Programms wird an der Stelle fortgesetzt, an der die Sprungmarke steht.
Im Prinzip könnte man allein mit bedingten Sprunganweisungen und einigen Zusatzfunktionen für Datenein- und -ausgabe jeden Algorithmus programmieren. Die entstehenden Programme sind allerdings ab einer gewissen Größe nahezu unwartbar. In aktuellen Programmiersprachen werden explizit formulierte Sprunganweisungen deshalb selten verwendet. Stattdessen werden häufiger höherwertige Kontrollstrukturen, insbesondere Schleifen, Unterprogrammaufrufe und bedingt auszuführende Programmblöcke, eingesetzt, in denen die logisch dazugehörenden Verzweigungs- und Rückverzweigungsbefehle implizit, d.h. vom Übersetzer im Maschinencode eingefügt werden, ohne dass ein Goto programmiert werden muss.
GOTO-Varianten
In der maschinennahen Programmierung dient der Goto-Befehl dazu, zu einer anderen Stelle im Programm zu verzweigen, entweder unbedingt oder von einer Bedingung abhängig. In manchen Assemblersprachen heißt der entsprechende Goto-Befehl JMP (englisch jump Sprung) oder BR (englisch branch verzweigen).
In höheren Programmiersprachen (die ggf. auch eine Kleinschreibung erlauben) wird durch einen Goto-Befehl entweder eine Code-Zeilennummer (zum Beispiel in alten BASIC-Dialekten) oder eine definierte Sprungmarke (Label, zum Beispiel in C oder Pascal) angesprochen.
Beispiel eines einfachen Programms mit Goto in Pascal:
PROGRAM beispiel;
LABEL 10;
BEGIN
10:
writeln('Endlosschleife');
GOTO 10;
END.
Das folgende Programmbeispiel (aus dem Essay Coding Style von Linus
Torvalds)
zeigt die Verwendung eines Goto-Befehls goto out
in C:
int fun(int a) {
int result = 0;
char *buffer = kmalloc(SIZE);
if (buffer == NULL)
return -ENOMEM;
if (condition1) {
while (loop1) {
// ...
}
result = 1;
goto out;
}
// ...
out:
kfree(buffer);
return result;
}
In frühen Varianten älterer Programmiersprachen wie Fortran oder BASIC stellten Goto-Befehle noch die wichtigste, teilweise sogar die einzige Möglichkeit zur Programmierung von Verzweigungen dar; diese wurden deshalb auch zur Realisierung von Schleifen und bedingter Ausführung verwendet. Dies führte zu Spaghetticode.
Die Programmiersprache ALGOL
führte 1960 eigene Befehle wie while
, for
,
if-else
zur Programmierung von Schleifen und bedingte
Anweisungen und Verzweigungen ein. Diese Neuerungen wurden bald in andere
Programmiersprachen übernommen. So machen while
als Ersatz für
Rücksprünge und if
als Ersatz für Vorwärtssprünge bei geeigneter
Umstrukturierung eines jeden Programms die Goto-Anweisung theoretisch
überflüssig.
Die strukturierte Programmierung und die GOTO-Programmierung sind jedoch aus Sicht der theoretischen Informatik äquivalent; alle solchen Programme fallen in die Kategorie der GOTO-Programme.
Auch in anderer Hinsicht sind die Befehle der strukturierten Programmierung
mit dem GOTO äquivalent: Der Befehlssatz eines Prozessors enthält in der Regel
keine explizite Unterstützung von Konstrukten wie while
,
repeat
, for
, if-else
etc. Daher werden
diese bei der Kompilierung eines Programms vom Compiler mittels unbedingter und
bedingter Sprunganweisungen (Mnemonik: JP, JMP, Jcond, BR, Bcc, …)
nachgebildet. Die genannten Konstrukte bieten also keine neuen Möglichkeiten,
sie sind jedoch sinnvoll, um menschenverständlichen und damit
wartungsfreundlichen Code zu forcieren.
Umstrittene Verwendung von GOTO
1968 sprach sich Edsger W. Dijkstra in seinem Aufsatz Go To Statement Considered Harmful
(ursprünglich: A Case against the GO TO Statement; der spätere Titel geht
auf Niklaus Wirth zurück),
für eine Abschaffung des Goto-Befehls in allen höheren Programmiersprachen
aus.
Das ist ohne weiteres möglich, da nahezu jedes Goto durch sogenannte Kontrollstrukturanweisungen
wie do
, for
oder while
ersetzt werden
kann (siehe auch Simulation
GOTO durch WHILE). Diese Meinung wurde in der Programmierausbildung bald zum
Dogma erhoben; in einigen Sprachen wie Java wurde
bewusst überhaupt kein Goto-Befehl eingeführt, jedoch ersatzweise ein labeled break und später ein labeled
continue. Dennoch ist goto
als Schlüsselwort auch in
Java reserviert, evtl. behält man sich die Implementierung vor, wahrscheinlich
aber auch aus praktischen Gründen; ansonsten wäre goto ein gültiger
Bezeichner. Andererseits unterstützen zahlreiche neue imperative
Programmiersprachen noch Goto, z.B. C++
und selbst das 2000 entwickelte C#
sowie das 2007 publizierte D.
2009 wurde Goto nachträglich auch in die Skriptsprache PHP
ab Version 5.3 eingeführt und war in der neuen Sprache Go enthalten.
Eine weniger kritisierte Variante des Goto-Befehls ist das vorzeitige
Verlassen eines Unterprogramms durch return
, das Abbrechen einer
Schleife durch break
oder Abbrechen eines bestimmten
Schleifendurchlaufs durch continue
. Trotzdem gilt es in einigen
Programmiersprachen als guter Programmierstil, wenn ein Block genau einen
Einsprungpunkt und genau einen Ausstiegspunkt hat. In Sprachen, welche Ausnahmebehandlungen
erlauben, wird dagegen die Ein-Ausstiegspunkt-Regel als obsolet angesehen, da
throw
-Anweisungen die Argumentation hinter dieser Regel ad absurdum
führen.
In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass der Verzicht auf Goto zwar möglich ist, jedoch in einigen Fällen zu sehr aufwändigen Konstrukten führt. So hält Donald E. Knuth Goto für die optimale Lösung einiger üblicher Programmierprobleme. Besonders in zeitkritischen Programmteilen ist ein Goto deutlich effizienter, als am Ende von mehreren geschachtelten Schleifen jeweils eine Abbruchprüfung durchzuführen.
Von einigen Entwicklern wurde auf der Linux-Kernel-Mailing-Liste die häufige Verwendung von Goto im Quellcode von Linux diskutiert. Linus Torvalds sagte dabei, dass die Verwendung von Goto die Lesbarkeit des Quellcodes in vielen Fällen sogar deutlich erhöhen könne.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 29.09. 2022