Fehlerstrom

Ein Fehlerstrom ist ein elektrischer Strom, der aufgrund eines Isolationsfehlers über eine gegebene Fehlerstelle fließt.[1] Dieser Fehlerstrom ist in der Regel ein Strom, der einen ohmschen Ursprung hat und je nach Anwendung und elektrischer Anlage unterschiedliche von der Netzfrequenz abweichende Frequenzen haben kann.[2]

Um den Zustand einer elektrischen Anlage beurteilen zu können, müssen Fehlerströme in der Anlage rechtzeitig erkannt werden.[3] Damit es aufgrund von Fehlerströmen nicht zu einem Personenschaden oder einem Brand kommen kann, müssen Fehlerströme durch entsprechende Schutzeinrichtungen so weit wie möglich unterbunden werden.[4]

Grundlagen

Im Idealfall haben elektrische Isolierstoffe einen unendlich hohen Widerstand und leiten somit keinen elektrischen Strom.[5] Dieser Idealwert wird jedoch aus unterschiedlichen Gründen in der Praxis nicht erreicht.[6] So verringert sich z. B. im Laufe der Jahre der Isolationswiderstand elektrischer Leitungen, insbesondere durch Alterung.[7]

Dies hat zur Folge, dass selbst bei vorschriftsmäßigen Elektroanlagen in den einzelnen Stromkreisen Ströme von bis zu einem Milliampere gegen Erde abfließen.[8] Diese durch Isolationsfehler hervorgerufenen Ströme werden als Fehlerströme bezeichnet.[2]

Fehlerströme aus elektrischen Maschinen und Geräten werden zusammen mit den Ableitströmen der Maschinen über den Schutzleiter abgeleitet.[9]

Fehlerströme können von einem elektrischen Leiter oder im schlimmsten Fall bei Berührung der Fehlerstelle auch über den menschlichen Körper gegen Erde abfließen.[4] Insbesondere bei letztgenanntem Körperschluss können je nach seiner Stärke entsprechend hohe Fehlerströme fließen.[1] Dabei kann der Strom z.T. auch über metallisch zusammenhängende Eisenkonstruktionsteile von Gebäuden[10] oder mit dem Erdpotential angeschlossene Wasserleitungen fließen.[9] Dies kann wiederum zu Potentialunterschieden zwischen den verschiedenen Stellen führen, z. B. einer Wand und dem Fußboden.[10]

In einem elektrischen Netz summieren sich die einzelnen Fehlerströme der jeweiligen Stromkreise zu einem Gesamt-Isolationsfehlerstrom, der beachtliche Werte annehmen kann.[8]

Betriebliche Anwendung

Damit der Fehlerstrom nicht unzulässig hohe Werte annehmen kann, sondern bei der jeweiligen Betriebsspannung auf ein zulässiges Mindestmaß reduziert wird, müssen die elektrischen Leiter entsprechend der Norm DIN VDE 0100 ausreichend gegeneinander und gegen Erde isoliert sein.[11] Dies ist für den ordnungsgemäßen Betrieb der elektrischen Anlage erforderlich.[3]

Die Stärke des Fehlerstroms hängt von der Schleifenimpedanz ab.[10] Zu ihrer Berechnung müssen, je nach Art des Fehlers und Fehlerortes, berücksichtigt werden:[12]

Im Bereich der Niederspannung wird die Stromzufuhr der elektrischen Anlage unterbrochen, wenn der Fehlerstrom eine bestimmte Höhe überschreitet.[6] Hierfür dient in den meisten Fällen ein Fehlerstromschutzschalter.[13] Ist im Stromkreis ein Fehlerstrom-Schutzschalter installiert und wird der nötige Bemessungsdifferenzstrom erreicht, so schaltet der Schutzschalter den Stromkreis allpolig ab.[14]

In Hochspannungsnetzen werden Erdfehlerströme über niederohmige Impedanzen in die Erde geleitet.[15] Gut geeignet ist hier die Petersenspule.[7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b Ernst Hörnemann, Heinrich Hübscher: Elektrotechnik Fachbildung Industrieelektronik. 1. Auflage. Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 1998, ISBN 3-14-221730-4, S. 178.
  2. Hochspringen nach: a b Doepke Schaltgeräte GmbH (Hrsg.): Allstromsensitive Fehlerstromschutzeinrichtungen (RCD Typ B). Anwendungshinweise und technische Information. Norden 2019, S. 7, 8.
  3. Hochspringen nach: a b Klaus Bödeker: Ableit-/Fehler- und/oder Differenzströme. In: Elektropraktiker. Nr. 9, Berlin 2007, S. 792.
  4. Hochspringen nach: a b Tobias Bozern, Bruno Brand: Ableitströme in elektrischen Anlagen. In: Elektropraktiker. Nr. 4, Berlin 2009, S. 316.
  5. Hans Fischer: Werkstoffe in der Elektrotechnik. Aufbau - Eigenschaften - Prüfung - Anwendung. 2. überarbeitete Auflage, Carl Hanser Verlag, München + Wien 1982, ISBN 3-446-13553-7, S. 320, 321.
  6. Hochspringen nach: a b Jens Schmenger: Ein Beitrag zu modularen und hochkompakten isolierenden Schnellladegeräten für Elektrofahrzeuge. Dissertation an der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg 2020, S. 21, 22, 27–29.
  7. Hochspringen nach: a b Thomas Mallits: Fehlerstromaufteilung und Potentialverhältnisse in komplexen (Globalen-) Erdungssystemen und deren Einfluss auf die Bevölkerung. Diplomarbeit am Institut für elektrische Anlagen und Netze der Technischen Universität Graz, Graz 2018, S. 5, 8, 9.
  8. Hochspringen nach: a b Wilhelm Schrank: Schutz gegen Berührungsspannungen. Schutzmaßnahmen gegen elektrische Unfälle durch Berührungsspannungen in Niederspannungsanlagen. Dritte überarbeitete Auflage, mit 257 Abbildungen, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1958, S. 33, 97, 99.
  9. Hochspringen nach: a b Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) (Hrsg.): Ableitströme an ortsfesten Maschinen. DGUV-Information des Fachbereichs Holz und Metall der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, FB HM-027, Ausgabe 8, 2014, S. 1–3.
  10. Hochspringen nach: a b c Walther Koch: Erdungen in Wechselstromanlagen über 1 kV. Berechnung und Ausführung. Zweite völlig neu bearbeitete Auflage, Springer Verlag, Berlin / Göttingen, Heidelberg 1955, S. 7, 24.
  11. A. Senner: Fachkunde Elektrotechnik. 4. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, 1965, S. 315.
  12. Gerhard Kiefer: VDE 0100 und die Praxis. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. VDE Verlag, Berlin/Offenbach 2009, S. 102f.
  13. Wilfried Plaßmann, Detlef Schulz (Hrsg.): Handbuch Elektrotechnik. Grundlagen und Anwendungen für Elektrotechniker. 5. korrigierte Auflage, Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0470-9, S. 898.
  14. Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9, S. 248–250.
  15. Peter Scheffler, Harald Schwarz: Untersuchung der Auswirkungen des Kabelzubaus auf die Sternpunkterdung anhand eines für Brandenburg typischen 110-kv-Modellnetzes. Studie im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg Fakultät 3, Cottbus, S. 11, 13, 23, .
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