Boden-Boden-Rakete

Eine Boden-Boden-Rakete ist eine Ballistische Rakete (Flugkörper), die vom Boden aus gegen Bodenziele - auch Ziele auf See - abgefeuert wird.
Das Spektrum an Boden-Boden-Raketen reicht von Panzerabwehrwaffen der Infanterie (wie Panzerfaust oder Raketengranaten, z. B. RPG-7) bis hin zu nuklearen Interkontinentalraketen.
Die englische Bezeichnung lautet Surface-to-surface missile. Die Abkürzung dieser Bezeichnung, SSM oder SS, wird für die Namensgebung zahlreicher Boden-Boden-Raketen verwendet (z. B. SS-20), wobei es sich hier ursprünglich um den NATO-Code handelt.

Gebräuchlich ist auch, die Bezeichnung für Artillerieraketen für den indirekten Beschuss zu verwenden. Dazu zählen von Raketenwerfern abgefeuerte ungelenkte Raketen, so bei der Katjuscha („Stalinorgel“), die Reichweiten zwischen 10 und 90 km erreichen, teils auch 300 km.

Klassifikation

Das Centre for Defence and International Security Studies (CDISS) hat eine seit 1970 verwendete Klassifikation veröffentlicht.

Kurzstreckenraketen
Battlefield Short Range Ballistic Missiles (BSRBM) 0 bis 150 km Reichweite
Short Range Ballistic Missiles (SRBM) bis 999 km Reichweite
Mittelstreckenraketen
Medium Range Ballistic Missiles (MRBM) 1.000 bis 2.700 km Reichweite
Intermediate Range Ballistic Missiles (IRBM) 2.700 bis 5.500 km Reichweite
Interkontinentalraketen
Intercontinental Ballistic Missiles (ICBM) 5.500 bis 15.000 km Reichweite
U-Bootgestützte ballistische Raketen
Submarine Launched Ballistic Missiles (SLBM)

Flugbahn

Die Flugbahn ergibt sich aus der bei Brennschluss erreichten Anfangsgeschwindigkeit und ihrem Neigungswinkel zur Horizontalen.
Eine Boden-Boden-Rakete ist eine in der Regel militärische Rakete, die ein Bodenziel auf einer Flugbahn gemäß der Gesetze der Ballistik erreicht.
Die Flugbahn wird mit der Annäherung an die Erste Kosmische Geschwindigkeit gemäß den Gesetzen der Himmelsmechanik und dem Ersten Keplerschen Gesetz zunehmend elliptisch.

Steuerung

Aufgrund der langen Flugstrecke, die wegen der Flugkurve deutlich länger ist als die Reichweite, verhindert der Einfluss atmosphärischer Bedingungen (vor allem Seitenwind) meist eine Zielausrichtung allein beim Start. Damit wird der Einsatz eines Steuerungssystems notwendig – heute meist ein Trägheitsnavigationssystem (inertiales Navigationssystem). Erstmals wurde diese Technik im Zweiten Weltkrieg bei der deutschen A4-Rakete („Vergeltungswaffe 2“ – V2) verwendet. Die A4 hielt, von zwei Kreiselinstrumenten (Gyroskopen) und einer Zeitschaltuhr gesteuert, selbsttätig den voreingestellten Zielkurs.
Heute werden solche Steuerungen durch Satellitennavigation wie GPS oder das russische GLONASS ergänzt. Eine Steuerung findet meist nur während der Brenndauer der Triebwerke statt; in neuerer Zeit wurden als Reaktion auf die Weiterentwicklung der Raketenabwehr auch steuerbare Gefechtsköpfe entwickelt, so MARV für Interkontinentalraketen oder etwa die russische Iskander-Kurzstreckenrakete.

Militärischer Einsatz

Militärische ballistische Raketen gehören überwiegend zu den Boden-Boden-Raketen bzw. den U-Boot-gestützten ballistischen Raketen und werden entsprechend ihrer Reichweite wie dort angegeben klassifiziert. Vor allem Muster mit großer Reichweite können in erster Linie gegen strategische Ziele zum Einsatz kommen. Zu den wenigen bisher produzierten luftgestützten ballistischen Raketen (air-launched ballistic missile; ALBM), die von strategischen Bombern oder Kampfflugzeugen gestartet werden, gehören beispielsweise die US-amerikanische AGM-48 Skybolt und die russische Ch-47M2 Kinschal mit Hyperschallgeschwindigkeit.
Die Treffgenauigkeit einer ballistischen Rakete wird als CEP (Circular Error Probable) in Metern angegeben: der Radius eines Kreises um den Zielpunkt herum, in den statistisch 50 Prozent der Flugkörper treffen. Die genauesten Interkontinentalraketen erreichen einen CEP von 100 m, die ungenauesten in Dienst gestellten von 5 km.

Ziviler Einsatz

Das „Ziel“ ziviler ballistischer Raketen ist, abgesehen von Rettungsraketen, im Allgemeinen kein Ort auf der Erdoberfläche, sondern das Aussetzen eines Satelliten oder eine (kurze) Zeit Schwerelosigkeit, zum Beispiel für wissenschaftliche Experimente (Schwerelosigkeit für Minuten bis Stunden).
Auf einer ballistischen Flugbahn kann an deren Scheitelpunkt ein Satellit ausgesetzt werden – dieser benötigt dann jedoch einen eigenen Antrieb, um weiter auf die Erste Kosmische Geschwindigkeit beschleunigen zu können.
Oft ist dennoch vorgesehen, dass die Rakete(nstufen) in einem definierten Zielort-Bereich wieder zu Boden fallen, um die mitgeführten Experimente zu bergen, die Rakete wiederverwenden zu können oder eine Gefährdung von Personen zu vermeiden. Mittlerweile gibt es auch Raketen, die bei ihrer Rückkehr geordnet landen können.

Siehe auch

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.11. 2021