Heliozentrisches Weltbild

Schematischer Vergleich: Geozentrisches (a) und heliozentrisches Weltbild (b)
  • Erde
  • Mond
  • Merkur
  • Venus
  • Sonne
  • Mars
  • Jupiter
  • Saturn
  • Das heliozentrische Weltbild (altgriechisch ἥλιος helios, deutsch ‚Sonne‘ und κέντρον kentron Zentrum), auch Kopernikanisches Weltbild genannt, ist ein Weltbild, in dem die Sonne als das Zentrum der Welt gilt. Die Planeten einschließlich der Erde bewegen sich um das Zentrum herum, während die Fixsterne an einer ruhenden äußeren Kugelschale angeheftet sein sollen. Dabei dreht die Erde sich täglich einmal um sich selbst und der Mond bewegt sich etwa jeden Monat einmal um die Erde.
    In seinen Anfängen geht das heliozentrische Weltbild auf die griechischen Astronomen Aristarchos von Samos und Seleukos von Seleukia zurück, es wurde aber erst im 16. Jahrhundert durch Nikolaus Kopernikus detailliert ausgearbeitet und im 17. Jahrhundert von Johannes Kepler und dann vor allem von Isaac Newton entscheidend verbessert.

    Damit setzte es sich gegen das seit der Antike vorherrschende geozentrische Weltbild durch, in dem die Erde kein bewegter Planet ist, sondern ruht und das unbewegte Zentrum darstellt, um das sich Sonne, Mond, Planeten und Fixsterne drehen. Dieses entspricht zwar der unmittelbaren Wahrnehmung der Bewegungen der Gestirne, macht aber die Erklärung der kleinen, schon im Altertum beobachteten Unregelmäßigkeiten außerordentlich kompliziert und ist auch seit dem 18. Jahrhundert durch direkte Messungen widerlegt.

    Gegenüber dem geozentrischen Weltbild war das heliozentrische Weltbild wesentlich einfacher und ebnete doch erstmals den Weg zu einer erheblich genaueren Beschreibung und Vorhersage der Positionen von Sonne, Sternen und Planeten. Es stand aber schon bei seiner Entstehung im Konflikt mit vielen religiösen Vorstellungen von der Rolle des Menschen und seinem Ort im Universum. Dass die Erde nicht im Zentrum stehe und darüber hinaus selbst in Bewegung sei, erschien lange Zeit nicht annehmbar. So traf das heliozentrische Weltbild auch auf heftigen Widerstand seitens der christlichen Kirchen. Die Entstehung und Verbreitung des heliozentrischen Weltbilds sind eng verbunden mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaften und werden daher auch als kopernikanische Wende bezeichnet.

    Vorläufer

    Im zweiten Jahrhundert n. Chr. entwickelte Claudius Ptolemäus ein System, das auf geozentrischer Grundlage eine Epizykeltheorie beinhaltete, um die astronomischen Beobachtungen mit dem aristotelischen Prinzip der gleichförmigen Bewegung zu vereinbaren. Diese Theorie sieht für die beweglichen Himmelskörper eine so komplizierte Konstruktion von bis zu 80 mehrstufig zusammengesetzten Kreisbewegungen fiktiver Punkte im Weltraum vor, dass sie kaum noch verträglich mit den aristotelischen Geboten erschien und trotzdem in der Genauigkeit immer noch viel zu wünschen übrig ließ. Dennoch wurde sie jahrhundertelang fast unverändert zur Berechnung der Bewegungen von Sonne, Mond, und Planeten benutzt.

    Die islamischen Astronomen blieben im Mittelalter beim geozentrischen Weltbild, bemerkten aber die mangelnde Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Als eine problematische Schwachstelle erkannten sie die Einführung des Äquanten, eines fiktiven Punktes abseits des Weltmittelpunkts, mit dessen Hilfe in der Epizykeltheorie Ptolemäus’ nichtgleichförmige Bewegungen für den irdischen Beobachter als gleichförmig erscheinen; diese Hypothese stand auch im Widerspruch zum Prinzip der gleichmäßigen Kreisbewegung.

    Der Weg

    Der Durchbruch zum heliozentrischen Weltbild in seiner heutigen Form vollzog sich in einer Vielzahl von Schritten. Die drei bedeutendsten unter ihnen stellen jeder für sich einen Paradigmenwechsel dar, indem sie einen vorher als unmöglich ausgeschlossenen oder nicht einmal erwogenen Gedanken zum neuen Ausgangspunkt machen:

    Mathematische Präzisierung durch Johannes Kepler

    Kopernikus hatte sein heliozentrisches Modell fast ausschließlich an dasselbe alte Beobachtungsmaterial angepasst, das auch schon Ptolemäus für sein geozentrisches Modell benutzt hatte, denn er wollte die Gleichwertigkeit seines Systems nachweisen, und anderes Material gab es auch nicht in nennenswertem Umfang. Um zwischen beiden Modellen eine Entscheidung treffen zu können, wurden genauere Messungen benötigt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gelangen Tycho Brahe über zwei Jahrzehnte hinweg Positionsbestimmungen an den Planeten und fast 1000 Sternen, deren Genauigkeit von 1 bis 2 Bogenminuten erstmals weit über die der alten Daten hinausging.

    Alternative Beschreibung einer elliptischen Bahn durch eine epizyklische Bewegung

    Johannes Kepler, dem Tycho seine Daten übergeben hatte, stellte in jahrelangen erfolglosen Bemühungen fest, dass sie mit keinem der beiden Systeme zu erklären waren. So ließ sich die maximale Abweichung der berechneten Position des Mars von der beobachteten Bahn nicht unter acht Bogenminuten drücken. Kepler untersuchte die veränderliche Bahngeschwindigkeit der Planeten genauer und fand heraus, dass sie im Epizykelmodell mit gleichförmigen Kreisbewegungen nicht darstellbar ist. Er fand heraus, dass die Geschwindigkeit vom aktuellen Abstand des Planeten von der (wahren) Sonne abhängt statt von dem Abstand zur mittleren Sonne. Daher sah er in der Sonne das physikalisch wirksame Zentrum des Planetensystems und interpretierte alle Beobachtungsdaten neu in Bezug auf die wahre statt auf die mittlere Sonne. Insbesondere suchte er nach einer mathematisch genauen Beschreibung der Bewegung des Mars und erkannte schließlich die Notwendigkeit, die berechneten Werte durch eine besser modellierte Erdbahn zu verbessern. Daher musste er diese zuerst genauer erfassen. Das gelang ihm mithilfe ausgewählter Beobachtungsdaten, bei denen der Mars an derselben Stelle seiner Bahn stand, die Erde aber an verschiedenen. Das ist im Effekt das gleiche, als hätte er den Mars festgehalten und von dort aus die Bewegung der Erde ausgemessen. Die Idee zu diesem Vorgehen konnte nur auf Grundlage des kopernikanischen Modells entstehen. Auf der Grundlage der nun genauer bekannten Erdbahn wertete er die Marsbeobachtungen neu aus und fand, dass weitaus am besten eine elliptische Bahn passt (Astronomia Nova, 1609, mit dem 1. und 2. der drei Keplerschen Gesetze). Dies überprüfte er an den übrigen Planeten, einschließlich der Erde selbst, und dem Mond (bei dem die Erde im Brennpunkt der Ellipse steht). Dabei entdeckte er als 3. Keplersches Gesetz den Zusammenhang zwischen der Größe der Bahn und der Umlaufzeit des Himmelskörpers (Harmonices mundi libri V, 1619). Damit konnte Kepler die umfassende Beschreibung des Sonnensystems in drei Keplerschen Gesetzen der Planetenbewegung zusammenfassen, mit denen sich gegenüber Kopernikus und Ptolemäus eine etwa zehnfach verbesserte Genauigkeit für die Berechnung der Planetenpositionen ergab.

    Den Durchbruch verdankte Kepler seinem wichtigen neuen Leitgedanken: Da die Planeten nicht aufgrund ihrer himmlischen Natur unbeeinflusst und mit gleichförmiger Geschwindigkeit ihre vorbestimmten Kreisbahnen vollziehen, braucht es für die Abweichungen eine ständig wirksame Ursache, die nicht in einem bloßen mathematischen Punkt, sondern nur in der wahren Sonne liegen kann. In Keplers heliozentrischem System ist die Sonne nicht mehr nur der zentralste Körper im Planetensystem, sondern auch der, der als einziger auf alle anderen eine Wirkung ausübt. Obwohl Kepler von dieser „Kraft“ und ihrer Wirkungsweise falsche Vorstellungen hatte, fügte er dem heliozentrischen Weltbild damit ein entscheidendes Element hinzu und bereitete die Entwicklung der späteren Himmelsmechanik vor.

    Physikalische Begründung durch Isaac Newton

    Isaac Newton fand in seinem 1687 erschienenen Hauptwerk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica eine Formulierung der Mechanik, die zur Grundlage der heutigen Klassischen Mechanik wurde. Geleitet von den drei Keplerschen Gesetzen und der Idee, Gesetze der irdischen Mechanik auch auf das Geschehen im Kosmos anwenden zu können, entdeckte er das allgemeine Gravitationsgesetz und konnte daraus die Keplerschen Gesetze herleiten. Damit war erstmals ein astronomisches Weltbild auf eine feste physikalische Grundlage gestellt.
    Im Rahmen der Newtonschen Physik steht allerdings nicht die Sonne selbst in einem gemeinsamen Brennpunkt aller elliptischen Bahnen der Planeten, sondern der Schwerpunkt des ganzen Sonnensystems. Um dieses Baryzentrum führt auch die Sonne eine eigene Umlaufbewegung aus, und zwar mit einem variierenden Abstand von bis zu zwei Sonnenradien (gemessen vom Sonnenmittelpunkt).

    Zudem erkannte Newton, dass Keplers Ellipsen auch nur Näherungen an die wirklichen Planetenbahnen sind. Sie stimmen nur dann exakt, wenn man die Anziehungskräfte der Planeten untereinander vernachlässigt. Diese verursachen kleine Abweichungen, die Bahnstörungen genannt werden. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die mathematischen Methoden entwickelt, mit denen die Bahnstörungen berechnet werden konnten. Dadurch stieg die Genauigkeit der Vorhersagen noch einmal um etwa das Fünfzigfache.
    Mit genaueren astronomischen Instrumenten als zu Galileis Zeiten konnte die Richtigkeit des heliozentrischen Systems, insbesondere die jährliche und die tägliche Bewegung der Erde, durch Messungen belegt werden. Die Bahnbewegung der Erde wurde 1725 von James Bradley durch die Entdeckung der Aberration und 1838 von Friedrich Wilhelm Bessel durch die Entdeckung der jährlichen Parallaxe der Sterne nachgewiesen. Fallexperimente zum Nachweis der Erdrotation wurden ab 1800 durchgeführt. Der direkte Beweis der Erdrotation gelang 1851 mithilfe des Foucaultschen Pendels.

    Siehe auch

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    Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.30. 2020