Justus Liebig
ab 1845 Justus Freiherr von Liebigdeutscher Chemikergeboren: 12. Mai 1803 in Darmstadtgestorben: 18. April 1873 in München 1823 - Doktor der Philosophie 1825 - ordentlicher Professor für Chemie und Pharmazie 1830 - korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg 1840 - auswärtiges Mitglied der Royal Society 1843 - American Academy of Arts and Sciences |
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Den Besuch des Ludwig-Georgs-Gymnasiums in Darmstadt beendete er schon in der Sekunda.
Liebig brach eine Apothekerlehre bei Gottfried Pirsch (1792–1870) in Heppenheim nach etwa einem Jahr vorzeitig ab,
weil er bei seinen privaten Versuchen mit Knallsilber einen Dachstuhlbrand in der Apotheke verursacht hatte.
Er kehrte nach Darmstadt zurück und half seinem Vater in der Werkstatt. Nebenher besuchte er oft die großherzogliche Bibliothek,
um sich in der Chemie als Autodidakt aus Büchern und durch private Untersuchungen fortzubilden.
Durch Vermittlung seines Vaters begann Justus Liebig im Herbst 1819 ein Chemiestudium in Bonn bei Karl Wilhelm Gottlob Kastner.
Als Kastner 1821 einen Ruf an die Universität Erlangen annahm, folgte ihm Liebig. Hier konnte er bereits drei Arbeiten zu
Knallsilber bzw. Salzäther veröffentlichen. Zwei von ihnen wurden, gemeinsam mit der 1822/23 fertig gestellten Schrift
Über das Verhältnis der Mineralchemie zur Pflanzenchemie, als Dissertationsschrift angenommen. Liebig wurde damit
in Abwesenheit am 23. Juni 1823 zum Doktor der Philosophie promoviert, da er sich seit September 1822 in Paris aufhielt.
Bald trat er mit eigenen Arbeiten über Knallquecksilber hervor, wodurch der auch in Paris wirkende deutsche Naturforscher
Alexander von Humboldt auf ihn aufmerksam wurde. Durch dessen Empfehlung an den hessischen Großherzog wurde der erst 21-jährige Liebig
am 26. Mai 1824 außerordentlicher Professor für Chemie an der Ludwigs-Universität Gießen; am 7. Dezember 1825 wurde
er ordentlicher Professor für Chemie und Pharmazie.
Berufungen an die Universitäten Dorpat 1827, Göttingen 1835, St. Petersburg 1839, Wien 1841, London 1845 und Heidelberg 1851 lehnte Liebig ab, konnte aber jedes Mal durch Bleibeverhandlungen mit dem zuständigen Ministerium seine finanzielle und berufliche Situation verbessern. Von der Universität Göttingen erhielt Liebig 1847 einen medizinischen Doktortitel.
Die Universität München sondierte durch den Professor Max von Pettenkofer wegen einer Berufung. König Maximilian II. von Bayern lud Liebig persönlich ein, bot ihm in einer Privataudienz den Bau eines neuen Chemischen Instituts mit daneben liegendem Wohnhaus an und sicherte ihm weitgehende Freiheit in Lehre und Forschung zu. Liebig nahm die Berufung zum Professor für Chemie an und lehrte ab 1852 in München.
Justus Liebig starb am 18. April 1873 in München an einer Lungenentzündung und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 21. April zu Grabe getragen.
Wissenschaftliches Werk
Liebig begann seine wissenschaftliche Tätigkeit in Gießen mit der Untersuchung hessischer und bayerischer Heilquellen und deren Nutzbarmachung für die Salzgewinnung. Dabei stellte er schnell fest, dass die damaligen Analysemethoden sehr langwierig waren und vergleichsweise ungenaue Ergebnisse lieferten.
Es gelang ihm in jahrelangen Versuchen, die Analysegeräte zu vervollkommnen, vor allem aber die Elementaranalyse, d. h. die Ermittlung der elementaren Zusammensetzung von tierischen und Pflanzenteilen durch den von ihm 1831 entwickelten Fünf-Kugel-Apparat. Er untersuchte zusammen mit seinen Mitarbeitern und Studenten in der Folgezeit Hunderte von Pflanzen und Pflanzenteilen und viele Organe und Produkte von Tieren auf ihre Zusammensetzung und veröffentlichte ihre Ergebnisse. Damit begründete er praktisch die Organische Chemie.
Zusammen mit seinem Freund Friedrich Wöhler,
der an der Höheren Gewerbeschule (Polytechnikum) in Kassel wirkte
(und 1836 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Chemie und Pharmazie in Göttingen folgte), entwickelte er 1832 die Radikaltheorie,
welche die Vielzahl von Stoffen erklärt, die nur aus Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff bestehen.
Ebenfalls mit Wöhler entdeckte er am Beispiel des Knallsilbers einerseits und des Silbercyanats andererseits die
Isomerie, d.h. den Umstand, dass zwei verschiedene
Stoffe die gleiche Zusammensetzung, aber unterschiedliche Struktur und Eigenschaften haben können.
Sein Hauptinteresse während seiner Gießener Zeit galt der Förderung der Landwirtschaft mit dem Ziel, die zum Teil verheerenden Hungersnöte der damaligen Zeit – er hatte 1816 im Jahr ohne Sommer selbst eine erlebt – zu verhindern. Seine Erkenntnisse auf diesem Gebiet fasste er 1840 und 1842 in zwei Werken zusammen: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie, kurz Agriculturchemie genannt, und Die Thierchemie oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Diese beiden Bücher erregten ungeheures Aufsehen, nicht nur bei Wissenschaftlern, sondern bei allen Gebildeten seiner Zeit. Die Agrikulturchemie, in der er die Mineraldüngung propagierte und ihre Bedeutung für Qualität und Ertrag der Pflanzen erklärte, erlebte neun Auflagen und wurde überdies in 34 Sprachen übersetzt.
Die größte Publizität verschaffte Liebig die Entwicklung seines Fleischextraktes. Es war die Weiterentwicklung seines 1852 hergestellten Fleischinfusums und wurde anfangs nur in geringem Umfange in Münchner Apotheken verkauft. Erst als der deutsche Ingenieur Georg Christian Giebert 1862 von Liebig die Lizenz zur Großproduktion in Uruguay erhalten hatte, wurde „Liebigs Fleischextrakt“ in Fray Bentos in riesigen Mengen erzeugt und weltweit verkauft. Nach Liebigs Vorstellungen sollte der Fleischextrakt ein Nährmittel vor allem für die ärmere Bevölkerung sein. Der relativ hohe Preis und seine Zusammensetzung ließen dies jedoch nicht zu. Letztlich bewährte sich der Fleischextrakt als sehr beliebte Würze für Suppen und Speisen. Der Extrakt wurde damit zum Vorläufer der heute verbreiteten Speisewürzen wie Maggi-Würze und Knorr.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.02. 2023