Brillenfertigung anno 1920
Durch Einsetzen entsprechend geformter
Führungsscheiben aus Stahl, ließen sich, mit Hilfe dieser
Glasschneidemaschine, die gebräuchlichsten Brillenglasformen ausschneiden.
Die Scheibengrößen konnten an einer Mikrometerskala eingestellt werden.
Der Auflageteller ist bei diesem Gerät mit einer Gradeinteilung versehen,
um die richtige Achsenlage bei einem zylindrischen
Glas zu gewährleisten.
Das zentrierte und mit
einem Tintenpunkt angezeichnete Rohglas wurde unter den federnd
eingerichteten Haltedorn gelegt. Zu dieser Maschine gehörten eine Anzahl
von Korkscheiben unterschiedlich starker Krümmung, die unter die Gläser
gelegt wurden. Der Benutzer der Glasschneidemaschine mußte darauf achten,
daß die Krümmung der Korkeinlage möglichst genau der Krümmung des Glases
entsprach. Sonst entstand zwischen Auflageteller und Glas ein Hohlraum,
der infolge des Haltedorndruckes leicht zum Zerbrechen des Glases
führte.
Der Schneidediamant mußte immer
wieder gedreht werden, damit er nicht einseitig abgenutzt
wurde.
Der abgebildete Schleifstein verfügt bereits über Kraftstromantrieb. Oben im Bild ist eine Tropfvorrchtung ersichtlich, die ein Trockenlaufen des Steins verhinderte. Die Körnung des Steines war je nach Arbeitsvorgang unterschiedlich. Gröbere ("schwedische") Sandsteine wurden für das Vorschleifen eingesetzt - feinere ("schottische") Sandsteine verhalfen zu einem glatten Schliff. Um 1920 verdrängten Kunststeine immer mehr die bis dato gebräuchlichen Sandsteine. Der "Amerikanische Kunststein" vereinte außerordentliche Härte mit feinster Körnung. Dies bedeutete eine noch nie dagewesene Zeitersparnis beim Schleifen von Brillengläsern. Die Verwendung des Schleifsteins war nicht so einfach, da durch den Motor eine relativ starke Vibration erzeugt wurde. Der Schleifstein war aus diesem Grund mit dem Boden verankert. Die Pflege des Schleifsteins war zumeist dem jüngsten Lehrling unterstellt.
Diese abgebildete, eigens für Optiker konstruierte, Bohrmaschine wurde ebenfalls mit Kraftstrom angetrieben. Der kippbare Tisch gestattete, daß das Loch geometrisch richtig zur Glasmitte gebohrt werden konnte, damit das Glas anschließend genau in die Klammer paßte, ohne das die Schraube einen einseitigen Druck ausübte.Das Glas wurde durch vier Stifte fixiert - eine Mikrometerschraube ermöglichte die Bohrung in beliebigem Abstand vom Glasrand.
- Mittels eines Sphärometers maß man den Radius der beiden Flächen des Brillenglases. Mittels einer einfachen Subtraktion ermittelte man den ungefähren Brillenwert.
- Durch das Vorhalten von Gläsern bekannter Stärken neutralisierte man die Wirkung des zu messenden Brillenglases.
Mittels des Scheitelbrechwertmessers, den die Firma E. Busch Anfang des 20.Jahrhunderts vertrieb, war erstmals eine Messung auf etwa 1/10 Dioptrie genau möglich.
Die Testmarke war noch sehr einfach gehalten - sie bestand aus einem Quadrat. Das Messen und Auffinden der genauen Achsenlagen von war nur mit einiger Übung möglich, da alle vier Seiten des Quadrates nicht gleichzeitig scharf gesehen werden konnten.
Anfang des 20. Jahrhunderts besaßen die Scheitelbrechwertmesser noch keine Vorrichtung zum Anzeichnen des optischen Brillenglas-Mittelpunktes. Man nutzte das Gesetz der prismatischen Ablenkung für die Zentrierung von Brillengläsern. Dazu bediente man sich eines einfachen Tintenkreuzes auf einem Karton (linkes Gerät), noch früher benutzte man ein Fensterkreuz zur Ermittlung des optischen Mittelpunktes. Der optische Mittelpunkt wurde anschließend mittels eines Tinten- oder Wachsstiftes händisch markiert. Verfeinerte Geräte (rechtes Gertät) besaßen bereits über eine Anzeichenvorrichtung und einer Skala mit Prismendioptrien (heute [cm/m]).
Aus "Der perfekte Optiker, 1920", Gläserzentrierung mittels Karton oder Fensterkreuz: |
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Aus einem Karton von etwa 15cm im Quadrat zeichnet man mit roter Tusche ein ca. 5 cm breites und ebenso hohes Kreuz (siehe Abb. 96). Man faßt das zu zentrierende Glas mit dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand, preßt den linken Oberarm gegen den Körper, um einen festen Halt des Untersarmes zu gewinnen, hebt das Glas je nach seiner Stärke 4-10cm über die gut erleuchtete Kreuzzeichnung so, daß der Schnittpunkt der Kreuzlinien, der geschätzte geometrische Mittelpunkt des Glases und das Auge des Arbeiters in einer Richtung stehen. Alsdann schließe man das linke Auge und visiere mit dem rechten wie beim Zielen. Wir werden jetzt etwa das Bild der Abb. 97 wahrnehmen.
Der Teil des Kreuzbildes, den wir im G1ase sehen, wird gegen die außerhalb des Glases liegenden Kreuzlinie verschoben erscheinen. Um eine Übereinstimmung der beiden Bilder zu erhalten, müssen wir das Glas um so viel nach der vertikalen bzw. nach der horizontalen Linie zu rücken, als die uns sichtbar gewordene Abweichung beträgt. Hat man die Vereinigung der beiden Bilder zu einem einzigen erreicht (s. Abb. 98), so markiert man den Kreuzungspunkt der Linien, wecher jetzt die Lage des optischen Zentrums anzeigt mit Tinte oder Wachsstift. Man gelangt am schnellsten zu einer Übereinstimmung der Linien, indem man das Glas zuerst in der vertikalen und dann in der. horizontalen Richtung "eindeckt". Auf dem obigen Bild sind zwei Apparate zur Gläserzentrierung abgebildet, die beide nach den vorher beschriebenen Verfahren zu benutzen waren. Der rechts gezeigte Apparat besitzt eine Vorrichtung zum automatischen Anzeigen des gefundenen optischen Mittelpunktes. Ist auf diese Weise die Lage des optischen Mittelpunktes festgestellt worden, so achte man darauf, daß bei der nunmehr folgenden Facettierungs- (Bröckeln und Schleifen) der optische Mittelpunkt mit dem geometrischen zusammenbleibt, da ja sonst das Glas dezentriert in der Fassung sitzen würde. Bei Verwendung einer Glasschneidemaschine kann diese Bedingung vom Gehilfen ohne Schwierigkeit erfüllt werden, indem derselbe die Markierungsstelle unter den Haltedorn der Maschine legt, die dann von allen Seiten soviel Material automatisch wegnimmt, daß der geometrische Mittelpunkt des entstehenden Ovals in das optische Zentrum des Glases rückt. Beim Bröckeln des Glases in der freien Hand tritt eine leichte Dezentrierung fast in jedem Falle ein. Zur Vermeidung dieses Fehlers dient folgendes Verfahren: Man fertigt sich je drei bis-vier konkave und konvexe Brillengläser ovaler Form in mittleren Nummern (2,0 Diopt.) und den Scheibengrößen 2, 3, 4 und stellt von diesen den geometrischen Mittelpunkt einwandfrei genau fest. Hierauf wird die Markierungsstelle durchbohrt und außerdem eine vertikale und eine horizontale Achse mittels Schreibdiamanten eingezeichnet. Vor dem Bröckeln des Rohglases wird diese Scheibenschablone so, auf das vorher zentrierte Glas gelegt, daß sich die Markierung des geometrischen Mittelpunktes genau mit dem angezeichneten optischen Mittelpunkte deckt. Auf konkave Gläser legt man hierbei die konvexe Musterscheibe und umgekehrt, auf konvexe Fläche die konkave Scheibe. Man muß sich dabei hüten, die beiden Gläser miteinander zu reiben, was eine Politurverletzung zur Folge haben könnte. Mit gutem Erfolge bekleidet man die Innenseiten seiner Scheibenschablonen mit Papier aus, so daß nur um den durchbohrten Mittelpunkt etwa 5 mm frei bleiben. Nachdem eine Übereinstimmung beider Punkte erreicht worden ist, wird das Glas mit Hilfe einer harten Dreikantfeile oder eines Schreibdiamenten ausgeschnitten und dann mit der Zange abgebröckelt. Ist ein Glas auf solche Weise fachmännisch richtig vorgearbeitet, so ist nachträgliche, Dezentrierung beim Schleifen kaum mehr zu befürchten. Allerdings muß der Gehilfe von allen Seiten des Glases gleichmäßig viel nehmen. |
Die Brillenglasbestimmung stellt seit
jeher einen wichtigen Teil augenoptischer Tätigkeit dar. Kompetenz, Wissen
und Erfahrung des Augenoptikers sind Grundpfeiler für das gute Sehen
seiner Kunden. Empfehlungen für die Anordnung eines Untersuchungsraum
anno 1920:
Alle Untersuchungen sollten in einem,
von dem Verkaufsraume getrennt liegenden Prüfungszimmer vorgenommen
werden.
Der Raum sollte etwa 6 mal 2 Meter groß
sein.
Ist eine vollkommen gleichmäßige
Tagesbeleuchtung nicht zur Verfügung, so arbeitet man am vorteilhaftesten
ausschließlich mit künstlichen Licht, wobei das Gas- oder elektrische
Licht die ganze Fläche hell und gleichmäßig ausleuchten
soll.
Diese Abbildung zeigt eine der gebräuchlichsten Sehproben dieser Zeit. Die Sehprobentafel verfügt über eine, von der Firma Dörffel und Faerber in den Handel gebrachte, Beleuchtungseinrichtung. In dem Zylinder befindet sich eine elektrische Röhrenlampe, welche die Schrifttafel von oben bis unten relativ gleichmäßig ausleuchtet.
Zu dieser Zeit kam auch eine Konstruktion auf die gestattete, daß der Kunde immer nur eine Zeile zu sehen bekam. Der Augenoptiker wechselte mittels einer mechanischen Zugvorrichtung die in sechs Meter Entfernung befindliche Zeilenabdeckung.
Der hier abgebildete Augenabstandsmesser diente zur Bestimmung des Pupillenabstandes. Bei diesem Gerät bestand bereits die Möglichkeit den Abstand der Pupillen von der Nasenmitte zu messen, damit die meist vorhandene Asymmetrie der Gesichtshälften berücksichtigt werden konnte.
"Man setze das Instrument derart vor
die Augen des Kunden, daß die Kordelknöpfe mit den Zeigern nach unten
gekehrt sind und der Nasenbügel fest aufliegt.
Nun lasse man die Marke am Diopter seitens des Kunden fixieren.
Durch Drehen an den Kordelknöpfen stellt der Untersuchende die Zeiger dann
so ein, daß diese die Pupillen des Kunden
halbieren."
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.09. 2020