Dokumentenänderung

vor und nach amtlicher Vornamens-/Personenstandsänderung

Betroffene, die sich im sogenannten Alltagstest befinden, kennen das Problem. Du wirst von Deiner Umgebung zugehörig zu Deiner gewünschten Geschlechterrolle anerkannt, aber beim Bezahlen an der Kasse mit Deiner Kreditkarte wirst Du geoutet.

Da stellt sich die Frage: "Habe ich schon vor der offiziellen Vornamensänderung das Recht den zukünftigen Namen zu benutzen um meine Papiere ändern zu lassen?"
Grundsätzlich: Nein. Es besteht darauf kein Rechtsanspruch. Ob Personen und Institutionen den zukünftigen Namen verwenden liegt in ihrem Ermessen.

Betroffene dürfen vor der offiziellen Vornamensänderung ihren neuen Namen, bis auf zwei Ausnahmen, bereits verwenden, wenn der Straftatbestand der Urkundenfälschung (StGB § 267) nicht erfüllt ist. Dieses wäre der Fall, wenn ein Vertragspartner durch die Benutzung des neuen Namens um eine Gegenleistung gebracht werden würde. So dürfen z.B. Versicherungen auf den neuen Namen abgeschlossen werden. Auch dürfen bereits schon Zeugnisse mit dem neuen Namen ausgestellt werden, da keine mittelbare Falschbeurkundung (StGB § 271) vorliegt, wenn inhaltlich nichts erheblich Falsches beurkundet wird.

Die Ausnahmen, in denen der zukünftige Name nicht gebraucht werden darf, sind bei Beurkundungen durch den Personalausweis und bei Finanzgeschäften. Wie schon gesagt, liegt die Ausstellung neuer Dokumente im Ermessen der zuständigen Institutionen. Dieses gilt aber nicht für die Ausstellung eines neuen Personalausweises und die Änderung der Bankkontoinhaberdaten; es ist rechtswidrig. Allerdings besteht bei vielen Kreditinstituten die Möglichkeit zur Ausstellung eines Partnerausweises, der auf den neuen Namen ausgestellt werden kann.

Wenn Betroffene versuchen, Papiere schon vor der offiziellen Vornamensänderung ändern zu lassen, benötigen sie in den meisten Fällen sehr gute Nerven und Durchhaltevermögen. So ist es z.B. möglich zu einer neuen Versicherungskarte der Krankenkasse zu gelangen und auch zu einer Änderung beim Rentenversicherungsträger. Diese Sozialversicherungsträger dürfen nicht nur schon den Vornamen ändern, sondern auch die Versicherungsnummern, aus denen die Geschlechtszugehörigkeit hervorgeht (wie schon gesagt, sie müssen nicht).

Hat man den rechtskräftigen Beschluss zur Vornamensänderung vom Amtsgericht erhalten, hat man nach dem Transsexuellengesetz (TSG § 5) das Recht auf die Nichtoffenlegung der Vergangenheit in der anderen Geschlechterrolle (Offenbarungsverbot). Hierzu zählt, neben der Änderung aller "aktuellen" Dokumente, auch die Änderung "alter" Dokumente mit entsprechender Datierung, da ein zum aktuellem Datum ausgestelles Papier zu einem zwangsweisen Coming Out führen kann (LAG Hamm, Az. 4 Sa 1337/98 vom 17.12.1998).

Die einzige Institution, die ebenfalls diesen Beschluss erhält, ist das zuständige Standesamt. Zur Ausstellung der nächsten Lohnsteuerkarte hat das Finanzamt hier Zugriff auf die Veränderung. Um alle anderen Änderungen muss man sich selber bemühen.

An dieser Stelle können allerdings wieder Probleme auftreten, wenn noch kein Beschluss zur Personenstandsänderung vorliegt, da man für sein zukünftiges Leben die "kleine Lösung" gewählt hat, oder die Bedingungen für die Personenstandsänderung noch nicht erfüllt sind.

Wie schon erwähnt, gibt es Dokumente, in denen die Geschlechtszugehörigkeit vermerkt ist. Dazu gehören u.a. die Ausweise der Kranken- und Sozialversicherungsausweis, der Reisepass und die Geburtsurkunde. Bei ersteren reicht i.d.R ein Antrag auf die Ausstellung einer neuen Versicherungsnummer, da die Rentenversicherer sich verpflichtet haben, auch Transsexuellen, die sich zur "kleinen Lösung" entschlossen haben, eine geänderte Versicherungsnummer auszustellen (s.h.Rentenversicherungsnummer). Als Ersatz für den Reisepass kann ein vorläufiger grüner Reisepass dienen (Achtung: gilt ab dem 26.Oktober 2004 nicht mehr für die Einreise in die USA) und anstatt der Geburtsurkunde ein Geburtsschein (PersStdG § 61c).

(Quelle: M.S.Augstein, Zur Rechtslage Transsexueller, 1995)

Neben den Daten in den am Standesamt geführten Urkunden können diese auch am Enwohnermeldeamt abgerufen werden. Hier wird eine gesonderte Liste geführt, auf die auch die Polizei Zugriff hat (z.B. während einer Verkehrskontrolle). Die einzige Möglichkeit hier die Vergangenheit zu verbergen, ist ein Umzug in eine andere Stadt, bzw. in einen anderen Kreis, bei der die alten Daten nicht "mitgenommen" werden. Zwar könnte man einen Antrag auf eine Auskunftssperre stellen (ist aber nur unter besonderen Bedingungen möglich), was aber nur zur Folge hätte, dass Beamte der "niederen Laufbahn" eine höhere Stelle zur Einsicht in die Daten einschalten müssten.

Auch wenn nach erfolgter Personenstandsänderung alle alten Daten verschwunden zu sein scheinen, sind diese nach dem Personenstandgesetz immer noch im Standesamt abrufbar.

Nach dem PersStG § 62 werden in der Geburtsurkunde und der Abstammungsurkunde folgende Daten geführt:

Im Gegensatz zur Geburtsurkunde, in der nur die sich aus Änderungen ergebenden Tatsachen geführt werden, gibt die Abstammungsurkunde immer Auskunft über den ursprünglichen Stand der Eintragungen. D.h., dass z.B. im Fall einer Eheschließung (Lebenspartnerschaft), bei der die Abstammungsurkunde vorgelegt werden muss, das alte Geschlecht offenbart wird.

Über die nachfolgende Liste sollte man sich rechtzeitig Gedanken machen, damit man später nicht unerwartet mit dem "alten" Namen überrascht wird:
Die Liste ergibt keine Reihenfolge und Wichtung

Bei manchen Organisationen/Instituten kann es sicherlich sinnvoll sein, anstatt sich mit dem Gerichtsbeschluss "umzumelden", einfach ab- und wieder anmelden.
Über die Wichkigkeit mache dir deine eigenen Gedanken. Mancher muß auch nicht informiert weden.(Dann aber nicht beschweren.)


 
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den : 24.11.2012