Deckname Albit

Der Felsen von Rothenstein

Die Bergbaugeschichte der Rothensteiner Felsen begann um 1890. Der Ausstoß der Porzellanherstellung, ob technische Keramik in den Hermsdorfer Hescho-Werken oder das Gebrauchsporzellan aus den Kahlaer Porzellanwerken erhöhte sich fortlaufend und wurde ein wichtiger Konjunkturfaktor in Ostthüringen. Neben großen Fabriken entstanden viele neue Sandgruben. Da der über Tage geförderte Sand nicht die benötigte Qualität bot, grub man Stollen in den Sandstein der umliegenden Gebirgszüge. Die Abbautätigkeit in den Rothensteiner Felsen kam schon mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs weitgehend zum Erliegen. Aus Sicherheitsgründen wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Teil des Stollensystems verschlossen. Andere Teile konnten für die Champignonzucht und für die Lagerung von Obst- und Gemüse genutzt werden.

Fertigung im Stollen
Quelle: Zeiss-Archiv

Im Zuge der Untertageverlagerung ab 1943 wurde auch der Rothensteiner Felsen von den Mitarbeitern des Bergamts Weimar begangen, jedoch vom Reichsamt für Bodenforschung als ungeeignet und schwer zu tarnen eingeordnet. Im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, dem späteren RMfRuK, gab es ab dem 12. Juni 1942 einen Hauptausschuss für „Feinmechanik und Optik“, ab dem 4. August 1942 die „Zentralstelle für Optik- und Feinmechanik“, der die Aufgabe hatte, bis Ende 1944 zehn bis fünfzehn Prozent der gesamten Produktion dieses Industriezweigs in bombengeschützte Räumlichkeiten zu verlagern. Mitarbeiter der Firma Carl-Zeiss aus Jena schlugen diesem Ausschuss den Standort an den Rothensteiner Felsen vor. Am 6. Juni 1944 sperrte der Reichsminister für Rüstung- und Kriegsproduktion mit dem Erlass „RLA/BVF/1825/44 g“ die Rothensteiner Höhlen zu Gunsten der Produktion von Optik durch die Firma Zeiss. Geplant waren 14.000 m² zur Sicherung der Herstellung von optischen Geräten für die Kriegsmarine. Neben Rothenstein wurden weitere Verlagerungen vom RMfRuK vorgesehen.

Betrieb Standort Quadratmeter geplant /
fertig gestellt bis Kriegsende
Carl-Zeiss Jena
Deckname „Albit“
Rothenstein 14.000 m² / 10.000 m²
Carl-Zeiss-Jena
Deckname „Schnäpl“
Südwerk Jena 8.000 m² / k.A.
Schott & Gen.
Deckname „Ringelnatter“
Südwerk Jena k.A. / k.A.
Zeiss-Ikon AG Dresden
Deckname „Zander“
Nenntmansdorf 11.000 m² / 2.500 m²

Am 26. Juni 1944 stellte die Firma Carl-Zeiss das Bauvorhaben dem Bergamt Weimar vor. Zeiss plante mit 20.000 m² Produktionsfläche und nicht nur mit den von dem Feichmechanik-Ausschuss festgelegten 14.000 m². Die bergpolizeiliche Aufsicht übernahm das Bergamt Weimar. Ebenfalls im Juni 1944 wurde das Stollensystem unter „Albit“ in die Decknamenliste des RMfRuK aufgenommen und dem „Jägerstab“ unterstellt.

Am 8. September 1944 wurde bekannt, dass Zeiss eine weitere Anlage zur Fertigung unter Tage einrichten will. Erst unter dem Decknamen „Albit II“, später unter „Schnäpel“, sollte die Anlage direkt in Jena entstehen. Die Firma Dykerhoff & Widmann AG sollte mit dem vorhandenen Personal das Bauvorhaben „Albit I“ beenden und dann in die Bauarbeiten in Jena immigrieren. Diese wurden von der Firma Walther aus Berlin geplant und durchgeführt.

Am 31. Oktober 1944 meldete das Bergamt Weimar, dass die Stollen 1, 7, 8 und 9 mit Fertigungen belegt sind und eine Gesamtfläche von 2.580 m² inne hatten. Im November 1944 wurde in weiteren Stollen gefertigt, die eine Länge von jeweils 70 - 80 m hatten. Die Fertigung umfasste Bauteile für das Kriegsmarinearsenal Mitte aus Kiel. Es sollten Periskope, Prismen und Entfernungsmesser hergestellt werden. Dazu baute man in dem Stollensystem eine Art Taktstraße auf.
Die Stollenbereiche wurden in „Fertigungschwerpunkte“ geteilt. Diese waren „Disos und Sehrohre“, „Angriffssehrohre und UR-Optik“ und „Disvau“. Allmählich wurden weitere Stollen der Fertigung übergeben.

Die Anzahl der Beschäftigten stieg bis zum 30. Dezember 1944 auf 390 Deutsche (300 davon in der Fertigung, 90 beim Bau) und 180 ausländische Zwangsarbeiter (alle im Bau beschäftigt). Berichte des Bergamts zufolge wurde für die Ausländer nur ein Aufseher zugeteilt. Bis zum 3. März 1945 konnten die ersten beiden Bauabschnitte fertig gestellt werden. Mit einem dritten Abschnitt wurde begonnen.

Nachdem die Amerikaner die Anlage am 13. April 1945 übernahmen, ordneten sie den Abtransport der Maschinen nach Jena an. Nach der Übergabe Thüringens an die Rote Armee wurden die Maschinen als Kriegsreparationen demontiert und in die Sowjetunion gebracht. Im Februar 1946 teilte Carl-Zeiss Jena mit, dass keinerlei Gegenstände mehr in Rothenstein vorhanden sind.

Nach 1946 werden die gesamten Außenlagen, Haupteingänge, Startbahn und Abschnitte des unterirdischen Stollensystems gesprengt.
Die noch zugänglichen Stollen werden von der LPG in Schöps und dem Großhandel als Lagerfläche genutzt. Die Universität in Halle nutzt Teile der Anlage zur Erstellung eines Bohrkernarchives der DDR.
1965 - Bau und Einweihung einer Gedenkstätte auf dem ehemaligen "REIMAHG" Gelände. Es finden jährlich Gedenkfeiern für die Opfer und Überlebenden des Werkes statt.
Ab 1975 werden Teile der vohandenen Stollen durch die NVA übernommen und im Rahmen des Komplexlagers 22 genuzt.
Im Verlauf der deutschen Wiedervereinigung übernimmt die Bundeswehr die Anlage bis zur Schließung des Objektes und deren Übernahme als ehemaliges militärisches Objekt durch das Bundesvermögensamt Erfurt.

Basierend auf einem Artikel in: externer Link walpersberg.de
 
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.10. 2017