Teil XI. Luftfahrt * Versailler Vertrag * Teil XIII. Arbeit

Friedensvertrag von Versailles
["Versailler Vertrag"].

Vom 28. Juni 1919.


[...]

Teil XII.
Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen.

Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.

Artikel 321.

  Deutschland verpflichtet sich, dem Personen-, Güter-, Schiffs-, Boots-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr von oder nach den angrenzenden oder nicht angrenzenden Gebieten irgendeiner der alliierten und assoziierten Mächte freien Durchgang durch sein Gebiet auf den für den internationalen Durchgangsverkehr geeignetsten Wegen, auf Eisenbahnen, schiffbaren Wasserläufen oder Kanälen zu gewähren, auch zu diesem Zweck die Durchfahrt durch die Hoheitsgewässer zu gestatten. Der Personen-, Waren-, Schiffs-, Boots-, Wagen-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr wird keinen Durchgangszöllen oder unnützen Verzögerungen oder Beschränkungen und hat in Deutschland in bezug auf Gebühren und Verkehrserleichterungen sowie in jeder anderen Hinsicht ein Anrecht auf gleiche Behandlung wie der innerdeutsche Verkehr.
  Die Durchgangsgüter bleiben von allen Zoll- oder ähnlichen Abgaben frei.
  Alle den Durchgangsverkehr belastenden Gebühren oder Abgaben müssen den Verkehrverhältnissen entsprechend angemessen berechnet werden. Die Person des Eigentümers oder die Staatszugehörigkeit des Schiffes oder sonstigen Beförderungsmittel, das auf irgendeinem Teile der gesamten Durchgangsstrecke benutzt worden ist oder benutzt werden soll, darf für die Abgaben, Verkehrserleichterungen oder Beschränkungen weder unmittelbar noch mittelbar ausschlaggebend sein.

Artikel 322.

  Deutschland verpflichtet sich, über Auswanderungsunternehmungen, welche Auswanderer- oder Rückwandererverkehr durch seine Gebiet leiten, keine staatliche Aufsicht einzurichten oder beizubehalten, es sei denn zum Zweck der Feststellung, daß die Reisenden tatsächlich sich im Durchgangsverkehr befinden; wird zu letzterem Zweck ein Verwaltungsdienst eingerichtet, so darf Deutschland keine am Verkehr interessierte Schiffahrtsgesellschaft oder eine andere Körperschaft, Gesellschaft oder Privatperson irgendwie daran teilnehmen lassen oder ihr einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß in dieser Hinsicht einräumen.

Artikel 323.

Deutschland begibt sich des Rechtes, bei seinen Ein- und Ausfuhrzöllen, -abgaben und -verboten unmittelbar oder mittelbar eine unterschiedliche oder Vorzugesbehandlung nach folgenden Gesichtspunkten eintreten zu lassen: nach der Ein- oder Ausgangsgrenze, nach der Art, den Eigentumsverhältnissen, oder der Flagge des Beförderungsmittels (einschließlich der Luftverkehrsmittels), nach dem ursprünglichen oder letzten Abgangsort des Schiffes, Bootes, Eisenbahnwagens, Luftschiffs oder sonstigen Beförderungsmittels, nach seinem endgültigen oder Zwischenbestimmungsort, nach dem eingeschlagenen Reiseweg oder den Umladeplätzen, nach dem Umstand, ob der Hafen, über den die Waren ein-, oder ausgeführt werden, ein deutscher oder irgendein ausländischer Hafen ist, oder nach dem Umstand, ob die Ein- und Ausfuhr der Waren zu Wasser, zu Lande oder durch die Luft erfolgt. Das gleiche gilt vorbehaltlich der Sondervorschriften des gegenwärtigen Vertrags für die Beförderungsbedingungen und -kosten für Güter und Personen, die in sein Gebiet eintreten oder es verlassen.
  Deutschland begibt sich namentlich des Rechtes, zum Nachteil der Häfen, Schiffe oder Boote irgendeiner alliierten oder assoziierten Macht Zuschlagsgebühren oder unmittelbare oder mittelbare Prämien auf die Aus- oder Einfuhr über deutsche oder nichtdeutsche Häfen oder auf deutschen oder nichtdeutschen Schiffen und Booten, insbesondere in Form von kombinierten Tarifen festzusetzen. Ferner verzichtet es darauf, Personen oder Waren, die über einen Hafen der alliierten und assoziierten Mächte ihren Weg nehmen oder ein Schiff oder ein Boot dieser Mächte benutzen, Förmlichkeiten oder Weiterungen zu unterwerfen, die nicht statthätten, wenn sie über einen deutschen Hafen oder den Hafen einer anderen Macht ihren Weg nähmen oder ein deutsches Schiff oder Boot oder ein Boot einer anderen Nation benutzten.

Artikel 324.

  Um den Übergang der Waren über die deutsche Grenze nach Möglichkeit abzukürzen und um von der Grenze ab ihre Anfertigung und Weiterbeförderung unter denselben sachlichen Bedingungen - besonders hinsichtlich der Geschwindigkeit und Sorgfalt der Beförderung -, wie sie Waren gleicher Art auf deutschem Gebiet unter ähnlichen Beförderungsbedingungen genießen würden, zu erledigen, sind alle zweckdienlichen Verwaltungs- und technischen Maßnahmen zu treffen, und zwar ohne Unterschied, ob die Waren aus den Gebieten der alliierten und assoziierten Mächte kommen oder dorthin gehen oder Durchgangswaren aus diesen Gebieten oder mit Bestimmung nach diesen Gebieten sind.
  Insbesondere sind leicht verderbliche Waren schnell und glatt zu befördern und die Zollförmlichkeiten so zu erledigen, daß die unmittelbare Weiterführung der Warensendung mit den Anschlußzügen ermöglicht wird.

Artikel 325.

  Die Seehäfen der alliierten und assoziierten Mächte genießen alle Vorteile und Tarifermäßigungen, die auf den deutschen Eisenbahnen oder Schiffahrtsstraßen zugunsten deutscher Häfen oder irgendeines Hafens einer anderen Macht gewährt werden.

Artikel 326.

  Deutschland darf seine Teilnahme an Tarifen oder kombinierten Tarifen nicht verweigern, die den Häfen einer der alliierten und assoziierten Mächte ähnliche Vorteile, wie es seinen eigenen Häfen oder denen einer anderen Macht gewährt, zuwenden.

Abschnitt II.
Schiffahrt.

Kapitel 1.
Freiheit der Schiffahrt.

Artikel 327.

  Die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte genießen ebenso wie ihre Güter, Schiffe und Boote in allen deutschen Häfen und auf allen deutschen Binnenschiffahrtsstraßen in jeder Hinsicht die gleiche Behandlung wie die deutschen Reichsnagehörigen, Güter, Schiffe und Boote.
  Insbesondere sind die Schiffe und Boote jeder alliierten und assoziierten Macht berechtigt, Waren jeder Art und Reisende von und nach allen Häfen oder Plätzen Deutschlands, zu denen die deutschen Schiffe und Boote Zugang haben, zu keinen ungünstigeren Bedingungen zu befördern als sie bei Schiffen des Landes zur Anwendung gelangen. Sie sind auf dem Fuße der Gleichberechtigung mit den Schiffen und Booten des Landes zu behandeln, soweit es sich um die Benutzung der hafen- und Ladestraßeneinrichtungen sowie um hafen- und Ladestraßenabgaben jeder Art handelt. Es fallen darunter die Anlege-, Ladungs- und Löschungseinrichtungen, die Tonnengelder und -gebühren, die Ladestraßen-, Lotsen-, Leuchtturm-, Quarantäne- und alle ähnlichen Abgaben und Gebühren aller Art, die im Namen und für Rechnung der Regierung oder im Namen und für Rechnung von öffentlichen Beamten, Privatpersonen, Körperschaften oder Anstalten aller Art erhoben werden.
  Gesteht Deutschland irgendeiner alliierten oder assoziierten oder irgendeiner anderen fremden Macht eine Vorzugsbehandlung zu, so tritt diese Behandlung unverzüglich und bedingungslos für alle alliierten und assoziierten Mächte in Kraft.
  Der Verkehr von Personen, Schiffen und Booten erfährt keine anderen Beschränkungen als solche, die sich aus den Zoll- und Polizeivorschriften, aus den Vorschriften über das Gesundheitswesen, sowie über Aus- und Einwanderung, endlich aus Ein- und Ausfuhrverboten ergeben. Solche Bestimmungen müssen angemessen und gleichmäßig sein und dürfen den Handel nicht unnötig behindern.

Kapitel 2.
Freizonen in den Häfen.

Artikel 328.

  Die Freizonen, die in den deutschen Häfen am 1. August 1914 eingerichtet waren, bleiben bestehen. Für sie und die auf deutschem Gebiete auf Grund des gegenwärtigen Vertrags neu eingerichteten Freizonen gilt die in den folgenden Artikeln vorgesehene Ordnung.
  Waren, die in die Freizone eingehen oder aus ihr kommen, unterliegen, den Fall des Artikels 300 ausgenommen, keinem Einfuhr- oder Ausfuhrzoll.
  Von den in die Freizone eintretenden Schiffen und Waren dürfen die zur Deckung der Verwaltungs-, Unterhalts- und Verbesserungskosten des Hafens festgesetzten Gebühren sowie die Angaben für die Benutzung der einzelnen Einrichtungen erhoben werden, vorausgesetzt, daß diese Gebühren und Abgaben im Hinblick auf die angewendeten Kosten angemessen sind und ihre Erhebung nach dem im Artikel 327 vorgesehenen Grundsatz der gleichen Behandlung erfolgt.
  Von den Waren dürfen keine anderen Abgaben oder Gebühren als eine statistische Gebühr erhoben werden, die höchstens eins von Tausend vom Wert betragen darf und ausschließlich zur Deckung der Kosten für die amtlichen Aufstellungen über den Hafenumschlag zu verwenden ist.

Artikel 329.

  Die für die Speicherung sowie für Verpacken und Auspacken der Waren dienenden Einrichtungen haben den jeweiligen Handelsbedürfnissen zu entsprechen. Alle Erzeugnisse, deren Verbrauch in der Freizone erlaubt ist, bleiben von Verbrauchs- oder anderen Angaben jeder Art, mit Ausnahme der im Artikel 328 erwähnte statistischen Gebühr, frei.
  Bei Anwendung der Vorschriften dieses Artikels darf zwischen den Staatsangehörigen verschiedener Nationen oder zwischen Waren verschiedenen Ursprungs und verschiedener Bestimmung keine Unterschied gemacht werden.

Artikel 330.

  Auf Erzeugnisse, die aus der Freizone dem Verbrauch des Landes, in dessen Gebiet der Hafen liegt, zugeführt werden, dürfen Einfuhrzölle gelegt werden. Umgekehrt dürfen Erzeugnisse aus diesem lande, die für die Freizone bestimmt sind, mit Ausfuhrzöllen belegt werden. Diese Ein- und Ausfuhrzölle sind auf derselben Grundlage und nach denselben Sätzen zu erheben wie ähnliche Zölle an anderen Zollgrenzen des betreffenden Landes. Andererseits begibt sich Deutschland des Rechtes, irgendwelche Ein-, Aus- oder Durchfuhrzölle, gleichviel unter welcher Bezeichnung, auf die Erzeugnisse zu legen, die zu Lande oder zu Wasser durch deutsches Gebiet nach oder aus der Freizone aus oder nach irgendeinem anderen Staate befördert werden.
  Zur Sicherung und Gewährleistung dieses freien Zugangs auf den normalerweise zu der Freizone führenden Eisenbahnen und Wasserstraßen seines Gebietes hat Deutschland die nötigen Anordnungen zu erlassen.

Kapitel 3.
Bestimmungen über Elbe, Oder, Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) und Donau.

I.  A l l g e m e i n e  B e s t i m m u n g e n.

Artikel 331.

Es werden für international erklärt:
    die Elbe (Labe) von der Mündung der Vltava (Moldau) und die Vltava (Moldau) von Prag ab;
    die Oder (Odra) von der Mündung der Oppa ab;
    die Memel (Rußstrom, Memel. Njemen) von Grodno ab;
    die Donau von Ulm ab;
    und jeder schiffbare Teil dieser Flußgebiete, der mehr als einem Staat den natürlichen Zugang zum Meere mit oder ohne Umladung von einem Schiff in ein anderes vermittelt, sowie die Seitenkanäle und Fahrtrinnen, die zur Verdoppelung oder Verbesserung der von Natur aus schiffbaren Abschnitte der genannten Flußgebiete oder zur Verbindung zweier von Natur aus schiffbarer Abschnitte des gleichen Wasserlaufs gebaut werden.
  Das gleiche gilt für den Schiffahrtsweg Rhein-Donau, falls er unter den im Artikel 353 festgesetzten Bedingungen gebaut wird.

Artikel 332.

  Auf den im vorstehenden Artikel für international erklärten Wasserstraßen werden die Staatsangehörigen, das Gut und die Flagge aller Mächte auf dem Fuß vollkommener Gleichheit behandelt, und zwar so, daß kein Unterschied zum Nachteile der Staatsangehörigen, des Gutes und der Flagge irgendeiner dieser Mächte zwischen diesen und den Staatsangehörigen, dem Gute und der Flagge des Uferstaats selbst oder des meistbegünstigten Staates gemacht werden darf.
  Deutsche Schiffe dürfen indes regelmäßige Schiffsverbindungen für Reisende und Güter zwischen den Häfen einer alliierten oder assoziierten Macht nur mit deren besonderer Ermächtigung unterhalten.

Artikel 333.

  Von den Schiffen, die den Schiffahrtsweg oder seine Zugänge benutzen, dürfen Abgaben erhoben werden, und diese Abgaben dürfen auf den verschiedenen Flußabschnitten verschieden bemessen werden, beides soweit sich aus einem bestehenden Abkommen nicht das Gegenteil ergibt. Die Abgaben sollen ausschließlich zur angemessenen Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder Verbesserung des Flusses und seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im Interesse der Schiffahrt dienen. Ihr Tarif wird nach diesen Ausgaben berechnet und in den Häfen ausgehängt. Diese Abgaben werden so festgesetzt, daß eine ins einzelne gehende Untersuchung der Ladung nicht nötig ist, es sei denn, daß Verdacht des Schmuggels oder einer Übertretung besteht.

Artikel 334.

Der Durchgangsverkehr der Reisenden, Schiffe und Güter vollzieht sich nach den im Abschnitt I festgesetzten allgemeinen Grundsätzen.
  Gehören beide Ufer eines internationalen Flusses demselben Staat an, so können Durchgangsgüter unter Zollverschluß gebracht oder unter die Aufsicht der Zollbeamten gestellt werden. Bildet der Fluß die Grenze, so bleiben Durchgangsgüter und -reisende von jeder Zollförmlichkeit befreit; die Ein- und Ausladung der Waren sowie die Ein- und Ausschiffung der Reisenden darf nur in den von dem Uferstaat bezeichneten Häfen erfolgen.

Artikel 335.

  Auf dem gesamten Lauf und an der Mündung des erwähnten Flüsse dürfen andere Abgaben irgendwelcher Art, als die in diesem Teile festgesetzten, nicht erhoben werden.
  Diese Bestimmung läßt das Recht der Uferstaaten zur Erhebung von Zöllen, Orts- oder Verbrauchsabgaben unberührt. Das gleiche gilt hinsichtlich der Einführung angemessener und gleichmäßiger Abgaben, die in den Häfen nach öffentlichen Tarifen für die Benutzung der Krane, Aufzüge, Ladestraßen, Speicher usw. erhoben werden.

Artikel 336.

  Mangels einer besonderen Ordnung für die Ausführung der Unterhalts- und Verbesserungsarbeiten auf dem internationalen Abschnitt eines schiffbaren Wasserstraßengebietes ist jeder Uferstaat verpflichtet, in angemessenen Umfang die nötigen Vorkehrungen zur Beseitigung aller Schiffahrtshindernisse und -gefahren und zur Erhaltung guter Schiffahrtsverhältnisse zutreffen.
  Kommt ein Staat dieser Verpflichtung nicht nach, so kann jeder Uferstaat oder jeder in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuß vertretene Staat den zu diesem Zwecke vom Völkerbund eingesetzten Gerichtshof anrufen.

Artikel 337.

  Das gleich gilt für den Fall, daß ein Uferstaat Arbeiten unternimmt, die geeignet sind, der Schiffahrt in dem internationalen Abschnitt Abbruch zu tun. Der in dem vorigen Artikel erwähnte Gerichtshof kann die Aussetzung oder die Beseitigung dieser Arbeiten anordnen; bei seinen Entscheidungen hat er den Berieselungs-, Wasserkraftnutzungs- und Fischereirechten und den anderen Landesinteressen Rechnung zu tragen, die im Falle des Einverständnisses aller Uferstaaten oder aller in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuß vertretenen Staaten den Bedürfnissen der Schiffahrt vorzugehen haben.
  Die Anrufung des Gerichtshofes des Völkerbundes hat keine aufschiebende Wirkung.

Artikel 338.

An Stelle der in den Artikeln 332 bis 337 festgesetzten Ordnung soll als Ersatz eine andere treten, die in einem von den alliierten und assoziierten Mächten entworfenen und vom Völkerbund genehmigten allgemeinen Übereinkommen über die schiffbaren [engl. Text: "schiffbaren" nicht vorhanden] Wasserstraßen, deren internationaler Charakter das Übereinkommen anerkennt, niedergelegt wird. Dieses Übereinkommen findet namentlich auf die Gesamtheit oder einen Teil der obenerwähnten Flußgebiete der Elbe (Labe), Oder (Odra), Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) und der Donau sowie auf die anderen Teile der gedachten Flußgebiete Anwendung, die mit ihnen unter einen allgemeinen Gesichtpunkt zusammengefaßt werden können.
  Deutschland verpflichtet sich, entsprechend den Bestimmungen des Artikels 379, dem gedachten allgemeinen Übereinkommen sowie allen gemäß dem nachfolgenden Artikel 343 aufgestellten Entwürfen zur Abänderung der geltenden internationalen Abmachungen und Bestimmungen beizutreten.

Artikel 339.

  Deutschland tritt den beteiligten alliierten und assoziierten Mächten längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Aufforderung einen Teil der Schlepper und Boote ab, die nach Abzug des zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung abgegebenen Teiles in den Häfen der im Artikel 331 erwähnten Flußgebiete eingetragen bleiben. Deutschland tritt gleichfalls das Material jeder Art ab, dessen die beteiligten alliierten und assoziierten Mächte für die Ausnutzung dieser Flußgebiete bedürfen.
  Die Zahl der abzutretenden Schlepper und Boote, die Menge des abzutretenden Materials und die Verteilung werden durch einen von den Vereinigten Staaten von Amerika bestimmten Schiedsrichter oder mehrere solche festgesetzt. Hierbei sind die berechtigten Bedürfnisse der beteiligten Parteien zu berücksichtigen; es ist besonders dem Schiffahrtsverkehr in den letzten fünf Jahren vor dem Kriege entscheidende Bedeutung beizumessen.
  Alle abgetretenen Fahrzeuge müssen mit ihrem Zubehör und ihrer Ausrüstung versehen, in gutem Zustand und zur Güterbeförderung geeignet sein und aus den letzten Neubauten ausgewählt werden.
  Die in diesem Artikel vorgesehenen Abtretungen geben Anspruch auf eine Entschädigung, derer durch den oder die Schiedsrichter in Bausch und Bogen festgesetzter Gesamtbetrag keinesfalls den Anschaffungswert der abgetretenen Materials übersteigen darf und auf die von Deutschland geschuldeten Beträge anzurechnen ist; dementsprechend ist es Sache Deutschlands, die Eigentümer zu entschädigen.

2.  S o n d e r b e s t i m m u n g e n  f ü r  E l b e,  O d e r  u n d
M e m e l  (R u ß s t r o m,  M e m e l,  N j e m e n)

Artikel 340.

Die Elbe (Labe) wird der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der aus
    4 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
    2 Vertretern der Tschecho-Slowakei,
    1 Vertreter Großbritanniens,
    1 Vertreter Frankreichs,
    1 Vertreter Italiens,
    1 Vertreter Belgiens
besteht.
  Jede Abordnung hat so viel Stimmen, als ihr Vertreter zustehen, gleichviel wieviel Mitglieder anwesend sind.
  Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.

Artikel 341.

Die Oder (Odra) wird der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der aus
    1 Vertreter Polens,
    3 Vertretern Preußens,
    1 Vertreter der Tschecho-Slowakei,
    1 Vertreter Großbritanniens,
    1 Vertreter Frankreichs,
    1 Vertreter Dänemarks,
    1 Vertreter Schwedens
besteht.
  Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.

Artikel 342.

  Auf einen bei dem Völkerbund von einem der Uferstaaten gestellten Antrag wird die Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der sich aus je einem Vertreter der Uferstaaten und drei Vertretern anderer durch den Völkerbund bezeichneter Staaten zusammensetzt.

Artikel 343.

Die in den Artikeln 340 und 341 vorgesehenen internationalen Ausschüsse treten binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen. Der im Artikel 342 vorgesehene internationale Ausschuß tritt binnen drei Monaten nach Stellung des Antrags durch einen Uferstaat zusammen. Jeder dieser Ausschüsse schreitet unverzüglich zur Ausarbeitung eines Entwurfs zur Neufassung der geltenden internationalen Abmachungen und Bestimmungen. Dieser Entwurf wird in Übereinstimmung mit dem im Artikel 338 erwähnten allgemeinen Übereinkommen abgefaßt, wenn dies Übereinkommen bereistgeschlossen ist; andernfalls wird er entsprechend den oben in den Artikeln 332 bis 337 niedergelegten Grundsätzen aufgestellt.

Artikel 344.

Die im vorstehenden Artikel erwähnten Entwürfe sollen insbesondere
    a) den Sitz des internationalen Ausschusses bestimmen und die Art der Ernennung seines Vorsitzenden festsetzen,
    b) den Umfang seiner Zuständigkeit bestimmen, insbesondere was die Ausführung der Arbeiten zur Instandhaltung, zum Ausbau und zur Verbesserung des Flußgebiets, die finanziellen Grundsätze, die Festsetzung und Erhebung der Abgaben und die Schiffahrtsordnung anlangt,
    c) die Abschnitte des Flusses oder seiner Nebenflüsse abgrenzen, auf welche die internationale Ordnung Anwendung finden soll.

Artikel 345.

  Die internationalen Abmachungen und die Vorschriften, nach denen zur Zeit die Schiffahrt auf der Elbe (Labe), Oder (Odra), Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) sich regelt, bleiben bis zur Ratifikation der oben erwähnten Neufassungsentwürfe vorläufig in Kraft. In allen Fällen, wo diese Abmachungen und Vorschriften zu den Bestimmungen der vorstehenden Artikel 332 bis 337 oder des zu schließenden allgemeinen Übereinkommens in Widerspruch stehen, gehen diese letzteren indes vor.

3.  S o n d e r b e s t i m m u n g e n  ü b e r  d i e  D o n a u.

Artikel 346.

  Die Europäische Donaukommission übt von neuem die Befugnisse aus, die sie vor dem Krieg hatte. Vorläufig wird diese Kommission jedoch lediglich von den Vertretern Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Rumäniens gebildet.

Artikel 347.

Von der Stelle ab, wo die Zuständigkeit der Europäischen Kommission aufhört, tritt das im Artikel 331 bezeichnete der Donau unter die Verwaltung eines internationalen Ausschusses, der sich wie folgt zusammensetzt:
    aus 2 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
    aus je 1 Vertreter der anderen Uferstaaten,
    aus je 1 Vertreter der in Zukunft in der Europäischen Kommission vertretenen Nichtuferstaaten.
  Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.

Artikel 348.

  Der im vorstehenden Artikel vorgesehene internationale Ausschuß tritt so bald wie möglich nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen und übernimmt bis zur Festsetzung einer endgültigen Donauordnung durch die von den alliierten und assoziierten Mächten bezeichneten Mächte vorläufig die Verwaltung des Flusses in Gemäßheit der Bestimmungen der Artikel 332 bis 337.

Artikel 349.

  Deutschland verpflichtet sich zur Anerkennung der Donauordnung, die durch eine Tagung der von den alliierten und assoziierten Mächten bezeichneten Mächte festgesetzt wird; diese Tagung, bei der Vertreter Deutschlands zugegen sein dürfen, tritt binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen.

Artikel 350.

  Der durch Artikel 57 des Berliner Vertrags vom 13. Juli 1878 Österreich-Ungarn erteilte und von diesem auf Ungarn übertragene Auftrag zur Ausführung der Arbeiten am Eisernen Tor wird aufgehoben. Der mit der Verwaltung dieses Stromabschnitts betraute Ausschuß regelt vorbehaltlich der finanziellen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die Schlußrechnung. Die etwa erforderlichen Abgaben werden keinesfalls von Ungarn erhoben.

Artikel 351.

  Für den Fall, daß die Tschecho-Slowakei, der serbo-kroatisch-slovenische Staat oder Rumänien nach erfolgter Ermächtigung oder im Auftrage des internationalen Ausschusses Ausbau-, Verbesserungs-, Stau- oder andere Arbeiten auf einem die Grenze bildenden Abschnitt des Flußgebietes unternehmen, steht diesen Staaten die Inanspruchnahme sowohl des gegenüberliegenden Ufers wie des außerhalb ihres Gebietes gelegenen Flußbetteiles in dem für die Vorarbeiten, die Ausführung und die Instandhaltung dieser Arbeiten bedingten Umfang zu.

Artikel 352.

  Deutschland ist der europäischen Donaukommission gegenüber zu jeder Wiederherstellung, Wiedergutmachung und Ausgleichung hinsichtlich der von dieser Kommission während des Krieges erlittenen Schäden verpflichtet.

Artikel 353.

  Im Falle des Baues eines Großschiffahrtsweges Rhein-Donau verpflichtet sich Deutschland, auf diesen Schiffahrtweg die in den Artikeln 332 bis 338 niederlegte Ordnung zur Anwendung zu bringen.

Kapitel IV.
Bestimmungen über Rhein und Mosel.

Artikel 354.

  Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab regelt sich die Rheinschifffahrt weiterhin nach dem Mannheimer Abkommen vom 17. Oktober 1868 nebst Schlußprotokoll mit folgenden Maßgaben:
  Bei etwaigen Widersprüchen zwischen einzelnen Bestimmungen des genannten Abkommens und den Bestimmungen des oben in Artikel 338 erwähnten allgemeinen Übereinkommens, das auch auf den Rhein Anwendung findet, gehen die Bestimmungen des allgemeinen Übereinkommens vor.
  Längstens binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags tritt die im Artikel 355 erwähnte Zentralkommission zum Zwecke des Entwurfs einer Neufassung des Mannheimer Abkommens zusammen. Dieser Entwurf wird im Einklang mit den Bestimmungen des allgemeinen Übereinkommens aufgestellt, wenn dieses zu dem gedachten Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist, und den in der Zentralkommission vertretenen Mächten vorgelegt.
  Deutschland erklärt schon jetzt seine Zustimmung zu dem in der obigen Weise aufgestellten Entwurf.
  Außerdem werden die in den folgenden Artikeln behandelten Abänderungen sofort in das Mannheimer Abkommen aufgenommen.
  Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Recht vor, sich darüber mit den Niederlanden zu verständigen. Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, seine Zustimmung zu jeder derartigen Vereinbarung zu geben, sobald es darum ersucht wird.

Artikel 355.

Die durch das Mannheimer Abkommen vorgesehene Zentralkommission besteht künftig aus neunzehn Mitgliedern, nämlich aus:
    2 Vertretern der Niederlande,
    2 Vertretern der Schweiz,
    4 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
    4 Vertretern Frankreichs, das außerdem den Vorsitzenden der Kommission ernennt,
    2 Vertretern Großbritannien,
    2 Vertretern Italiens,
    2 Vertretern Belgiens.
  Die Zentralkommission nimmt ihren Sitz in Straßburg.
  Jede Anordnung hat soviel Stimmen, als ihr Vertreter zustehen, gleichviel wieviel Mitglieder anwesend sind.
  Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen der Kommission trotzdem gültig.

Artikel 356.

  Die Schiffe aller Nationen und ihre Ladungen genießen dieselben Rechte und Vorrechte wie die eigens zur Rheinschafffahrt bestimmten Schiffe und ihre Ladungen.
  Keine der in den Artikeln 15 bis 20 und 26 des vorerwähnten Mannheimer Abkommens, im Artikel 4 des Schlußprotokolls oder in den späteren Abkommen enthaltenen Bestimmungen steht der freien Schiffahrt von Schiff und Mannschaft irgendwelcher Staatsangehörigkeit auf dem Rhein und auf den Wasserstraßen, auf die sich die gedachten Abkommen beziehen, entgegen, vorausgesetzt, daß die von der Zentralkommission erlassenen Vorschriften über den Lotsendienst und die sonstigen Polizeianordnungen [engl. Text: "Polizeiverordnungen" bezieht sich nur auf die von der Zentralkommission erlassen Polizeiverordnungen, nicht auf allgemeine wie der französische Text] beobachtet werden.
  Die Bestimmungen des Artikel 22 des Mannheimer Abkommens und des Artikel 5 des Schlußprotokolls finden lediglich auf die als Rheinschiffe eingetragenen Schiffe Annwendung. Die Zentralkommission bestimmt die Art und Weise, in der festgestellt wird, ob die anderen Schiffe den Anforderungen der allgemeinen für die Rheinschafffahrt gültigen Vorschriften entsprechen.

Artikel 357.

  Längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Aufforderung tritt Deutschland an Frankreich entweder einen Teil der Schlepper und Schiffe, die nach Abzug der zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung abgegebenen, in den deutschen Rheinhäfen eingetragen bleiben, oder Geschäftsanteile an den deutschen Rheinschifffahrtsgesellschaften ab.
  Im Falle der Abtretung von Schiffen und Schleppern müssen diese, mit ihrem Zubehör und ihre Ausrüstung versehen, in gutem Zustand und für den Handelsverkehr auf dem Rhein geeignet sein sowie aus den letzten Neubauten ausgewählt werden.
  Dieselben Regeln finden Anwendung, insofern Deutschland an Frankreich abtritt:
  1. Einrichtungen, Anlegeplätze, Kaiflächen, Docks, Lagerhäuser, Lade- und Löschvorrichtungen usw., die deutsche Reichsangehörige oder deutsche Gesellschaften im Hafen von Rotterdam am 1. August 1914 besaßen;
  2. Anteile oder Interessen, die Deutschland oder deutsche Reichsangehörige zu demselben Zeitpunkt an den genannten Einrichtungen hatten.
  Umfang und Einzelheiten dieser Abtretung werden binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags unter Berücksichtigung der berechtigten Bedürfnisse der Beteiligten durch einen von den Vereinigten Staaten von Amerika ernannten Schiedsrichter oder mehrere solche bestimmt.
  Die in diesem Artikel vorgesehene Abtretungen geben Anspruch auf eine Entschädigung, deren durch den oder die Schiedsrichter in Bausch und Bogen festgesetzter Gesamtbetrag keinesfalls den Anschaffungswert des abgetretenen Materials und der abgetretenen Einrichtungen übersteigen darf und auf die von Deutschland geschuldeten Summen anzurechnen ist. Es ist Sache Deutschlands die Eigentümer zu entschädigen.

Artikel 358.

  Vorbehaltlich seiner Verpflichtung, den Bestimmungen des Mannheimer Abkommens oder des an seine Stelle tretenden Abkommens sowie den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags nachzukommen, hat Frankreich am ganzen Laufe des Rheins zwischen den äußeren Punkten der französischen Grenzen:
    a) das Recht zur Speisung der bereits gebauten oder noch zu bauenden Schiffahrts- und Bewässerungskanäle oder für jeden anderen Zweck Wasser aus dem Rhein zu entnehmen und auf dem deutschen Ufer alle zur Ausübung dieses Rechts erforderlichen Arbeiten auszuführen,
    b) das ausschließliche Recht auf die durch den Ausbau des Stromes erzeugte Kraft mit dem Vorbehalt, daß die Hälfte des Wertes der tatsächlichen gewonnenen Kraft an Deutschland vergütet werden muß. Diese Vergütung wird in Geld oder in Kraft geleistet; der unter Berücksichtigung der Kosten der für die Krafterzeugung notwendigen Arbeiten berechnete Betrag wird, falls darüber kein Einverständnis erzielt wird, durch Schiedsspruch bestimmt. Zu diesem Zweck ist Frankreich allein zur Ausübung aller Ausbau-, Stau- und sonstigen Arbeiten, die es zur Krafterzeugung für erforderlich hält, in diesem Teil des Stromes berechtigt. Das Recht, aus dem Rhein Wasser zu entnehmen, wird auch Belgien für die Speisung des unten vorgesehenen Rhein-Maasschifffahrtsweges zuerkannt.
  Die Ausübung der in Absatz a und b dieses Artikels erwähnten Rechte darf weder im Rheinbett noch in den etwa an seine Stelle tretenden Ableitungen die Schiffahrt beeinträchtigen oder die Schiffahrt erschweren; auch darf sie keine Erhöhung der bis dahin nach Maßgabe des geltenden Abkommens erhobenen Abgaben nach sich ziehen. Alle Bauentwürfe sind der Zentralkommission zur Feststellung, ob diese Bedingungen erfüllt sind, vorzulegen.
  Zur Sicherstellung der gehörigen und getreulichen Durchführung der in Absatz a und b enthaltenen Bestimmungen übernimmt Deutschland folgende Verpflichtungen:
    1. Es wird den Bau keines Seitenkanals und keiner Ableitung auf dem rechten Stromufer gegenüber der französischen Grenze unternehmen oder zulassen;
    2. Es gesteht Frankreich das Anlege- und Wegerecht, in allen rechtsrheinischen Geländestreifen zu, die für die Einrichtung und den Betrieb der Wehre, welche Frankreich mit Zustimmung der Zentralkommission später sich zu bauen entschließt, und für die entsprechenden Vorarbeiten erforderlich sind. Nach Maßgabe dieser Zustimmung ist Frankreich zur Bestimmung und Angrenzung der erforderlichen Geländeplätze befugt und darf die Gelände nach Ablauf von zwei Monaten nach einfacher Benachrichtigung in Besitz nehmen, unter der Voraussetzung, daß es an Deutschland Entschädigungen bezahlt, deren Gesamtbetrag durch die Zentralkommission festgesetzt wird. Es ist Sache Deutschlands, die Eigentümer der mit diesen Dienstbarkeiten belasteten oder durch die Arbeiten endgültig in Anspruch genommenen Grundstücke zu entschädigen.
      Auf Antrag der Schweiz werden ihr, wenn die Zentralkommission ihre Genehmigung gibt, dieselben Rechte für den Teil des Stromes eingeräumt, der ihre Grenze mit den anderen Uferstaaten bildet;
    3. Es übermittelt der französischen Regierung innerhalb des ersten Monats nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags alle Pläne, Vorarbeiten, Konzessions- und Lastenheftentwürfe, die den Ausbau des Rheins für irgendeinen Zweck betreffen und von der Regierung Elsaß-Lothringens oder des Großherzogtums Badens aufgestellt oder übernommen sind.

Artikel 359.

  In den Abschnitten des Rheins, die die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bilden, darf unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen in dem Strombett oder auf einem der beiden Ufer keine Arbeit ohne vorherige Zustimmung der Zentralkommission oder ihrer Abgeordneten ausgeführt werden.

Artikel 360.

Die französische Regierung behält sich die Befugnis vor, in die Rechte und Pflichten einzutreten, die sich aus den Abmachungen zwischen der Regierung von Elsaß-Lothringen und dem Großherzogtum Baden bezüglich der am Rhein auszuführenden Arbeiten ergeben; es kann auch diese Abmachungen binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags kündigen.
  Desgleichen hat Frankreich die Befugnis, die Arbeiten ausführen zu lassen, die von der Zentralkommission für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Schiffbarkeit des Rheins oberhalb Mannheims für notwendig befunden werden.

Artikel 361.

  Falls sich Belgien binnen 25 Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags entschließt, einen Großschifffahrtsweg Rhein-Maas in der Höhe von Ruhrort zu bauen, ist Deutschland verpflichtet, den auf seinem Gebiete gelegenen Teil dieses Schiffahrtswegs nach den ihm von der belgischen Regierung mitgeteilten Plänen zu bauen, vorausgesetzt, daß das belgische Verlangen die Zustimmung der Zentralkommission findet.
  Die belgische Regierung hat in diesem Falle [engl. Text: "zu diesem Zweck" statt "in diesem Falle"] das Recht, alle erforderlichen Vorarbeiten an Ort und Stelle vorzunehmen.
  Falls Deutschland die Arbeiten ganz oder teilweise nicht ausführt, ist die Zentralkommission befugt, sie an seiner Stelle ausführen zu lassen. Zu diesem Zweck kann sie zwei Monate nach einfacher Benachrichtigung gegen die von ihr festzustellende und von Deutschland zu zahlende Entschädigung die erforderlichen Geländeplätze bestimmen und abgrenzen sowie den grund und Boden in Besitz nehmen.
  Dieser Schiffahrtsweg tritt unter dieselbe Verwaltungsordnung wie der Rhein selbst. Die Umlegung der Anlagekosten einschließlich der oben genannten Entschädigung auf die von dem Schiffahrtsweg durchschnittenen Staaten erfolgt durch die Zentralkommission.

Artikel 362.

  Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, keinen Widerspruch gegen irgendwelche Vorschläge der Rheinschiffahrts-Zentralkommission zu erheben, die die Ausdehnung ihrer Zuständigkeit in folgender Richtung bezwecken:
    1. auf die Mosel von der französisch-luxemburgischen Grenze ab bis zum Rhein, vorbehaltlich der Zustimmung Luxemburgs;
    2. auf den Rhein oberhalb Basel bis zum Bodensee, vorbehaltlich der Zustimmung der Schweiz;
    3. auf die Seitenkanäle und Fahrtrinnen, die etwa zur Verdoppelung oder Verbesserung der von Natur schiffbaren Abschnitte des Rheins oder der Mosel oder zur Verbindung zweier von Natur schiffbarer Abschnitte dieser Wasserläufe gebaut werden, sowie auf alle anderen Teile des rheinischen Stromgebiets, die etwa unter das im obigen Artikel 338 vorgesehene allgemeine Übereinkommen fallen.

Kapitel V.
Bestimmungen, die der Tschecho-Slowakei die Benutzung der nördlichen Häfen gewährleisten.

Artikel 363.

  In den Häfen Hamburg und Stettin verpachtet Deutschland der Tschecho-Slowakei für einen Zeitraum von 99 Jahren Landstücke, die unter die allgemeine Verwaltungsordnung der Freizonen treten und dem unmittelbaren Durchgangsverkehr der Waren von oder nach diesem Staate dienen sollen.

Artikel 364.

  Die Abgrenzung dieser Landstücke, ihre Herrichtung, die Art ihrer Ausnutzung und überhaupt alle Bedingungen ihrer Verwendung einschließlich des Pachtpreises werden durch einen Ausschuß bestimmt, der sich aus je einem Vertreter Deutschlands, der Tschecho-Slowakei und Großbritanniens zusammensetzt. Diese Bedingungen können alle zehn Jahre in der gleichen Weise einer Nachprüfung unterzogen werden.
  Deutschland erklärt im voraus seine Zustimmung zu den so getroffenen Entscheidungen.

Abschnitt III.
Eisenbahnen.

Kapitel I.
Bestimmungen über internationale Beförderung.

Artikel 365.

  Die aus den Gebieten der alliierten oder assoziierten Mächte kommenden und für Deutschland bestimmten Güter sowie die durch Deutschland aus oder nach den Gebieten der alliierten oder assoziierten Mächte durchgeführten Güter genießen von Rechts wegen auf den deutschen Eisenbahnen bezüglich der Gebühren (unter Berücksichtigung der Vergütungen und Rückvergütungen), bezüglich der Verkehrserleichterungen und in jeder anderen Hinsicht die günstigste Behandlung, die für Güter gleicher Art gilt, welche auf irgendeiner deutschen Strecke im Binnenverkehr zum Zweck der Aus-, Ein- oder Durchfuhr unter ähnlichen Beförderungsverhältnissen, insbesondere bezüglich der Länge der durchlaufenen Strecken, befördert werden. Das Gleiche gilt auf Verlangen einer oder mehrerer alliierter oder assoziierter Mächte für alle von ihnen namentlich bezeichneten Güter, die aus Deutschland kommen und für ihre Gebiete bestimmt sind.
  Auf ein an Deutschland gerichtetes Ersuchen einer alliierten oder assoziierten Macht müssen internationale, nach den Sätzen des vorigen Absatzes aufgestellten Tarife mit Durchgangsfrachtbriefen geschaffen werden.

Artikel 366.

  Mit Wirkung vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an erneuern die Hohen vertragschließenden Teile nach Maßgabe ihrer Beteiligung und unter den im zweiten Absatz dieses Artikels bezeichneten Vorbehalten die in Bern am 14. Oktober 1890, 20. September 1893, 16. Juli 1895, 16. Juli 1898 und 19. September 1906 unterzeichneten Übereinkommen und Vereinbarungen über den Eisenbahnfrachtverkehr.
  Wird binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ein neues Übereinkommen über die Eisenbahnbeförderung von Personen, Gepäck und Gütern an Stelle der Berner Konvention vom 14. Oktober 1890 und ihrer oben genannten Nachträge geschlossen, so ist dieses neue Übereinkommen samt den auf ihm beruhenden Zusatzbestimmungen über den internationalen Eisenbahnverkehr für Deutschland verbindlich, und zwar auch dann, wenn diese Macht sich weigert, an der Vorbereitung des Übereinkommens mitzuwirken oder ihm beizutreten. Bis zum Abschluß eines neuen Übereinkommens hat Deutschland die Bestimmungen der Berner Konvention, der oben genannten Nachträge und der Zusatzbestimmungen zu befolgen.

Artikel 367.

  Deutschland ist verpflichtet, bei der Einrichtung eines direkten Fahrscheinverkehrs für Reisende und ihr Gepäck mitzuwirken, der zur Herstellung von Eisenbahnverbindungen der alliierten und assoziierten Mächte untereinander oder mit anderen Ländern durch das deutsche Gebiet hindurch von einer oder mehreren der alliierten und assoziierten Mächte verlangt wird; zu diesem Zweck hat Deutschland insbesondere die aus dem Gebiet der alliierten und assoziierten Mächte kommenden Züge und Wagen zu übernehmen und sie mit einer Geschwindigkeit weiterzuleiten, die mindestens der seiner besten Fernzüge auf denselben Strecken gleichkommt. Keinesfalls dürfen die Fahrpreise für diesen direkten Verkehr höher sein als die im inneren deutschen Verkehr auf derselben Strecke bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit geltenden.
  Bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit dürfen die Tarife für die Beförderung von Auswanderern auf den deutschen Eisenbahnen nach oder von Häfen der alliierten und assoziierten Mächte keinen höheren Kilometersatz zugrunde legen als den der günstigsten Tarife (unter Berücksichtigung aller Vergütungen und Rückvergütungen), die auf den genannten Bahnen Auswanderern nach oder von irgendwelchen andern Häfen zustatten kommen.

Artikel 368.

  Deutschland verpflichtet sich, für den im vorstehenden Artikel vorgesehenen direkten Verkehr oder für die Beförderung von Auswanderern nach oder von den Häfen der alliierten oder assoziierten Mächte keine technischen, fiskalischen oder Verwaltungs-Sondermaßnahmen, wie zum Beispiel Zollrevision, allgemeinpolizeiliche, gesundheitspolizeiliche oder Überwachungsmaßnahmen zu treffen, die eine Erschwerung oder Verzögerung dieses Verkehrs zur Folge hätten.

Artikel 369.

  Bei Beförderungen, die teils mit der Eisenbahn, teils auf Binnenwasserstraßen mit oder ohne Durchgangsfrachtbrief erfolgen, finden die vorstehenden Bestimmungen auf die mit der Eisenbahn zurückgelegte Strecke Anwendung.

Kapitel II.
Rollendes Material.

Artikel 370.

Deutschland verpflichtet sich, die deutschen Wagen mit Einrichtungen zu versehen, die es ermöglichen:
    1. sie in die Güterzüge auf den Strecken derjenigen alliierten und assoziierten Mächte, die Vertragsteilnehmer an der am 18. Mai 1907 abgeänderten Berner Konvention vom 15. Mai 1886 sind, einzustellen, ohne die Wirkung der durchgehenden Bremse zu behindern, die in den ersten zehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in jenen Ländern etwa eingeführt wird;
    2. die Wagen dieser Mächte in alle Güterzüge einzustellen, die auf den deutschen Strecken verkehren.
  Das rollende Material der alliierten und assoziierten Mächte erfährt hinsichtlich des Umlaufs, der Unterhaltung und der Instandsetzung auf den deutschen Strecken dieselbe Behandlung wie das deutsche.

Kapitel III.
Abtretung von Eisenbahnlinien.

Artikel 371.

  Unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen über die Abtretung der Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen in den Gebieten, über die Deutschland seine Souveränität aufgibt, und unter Vorbehalt der finanziellen Bestimmungen bezüglich der Konzessionsinhaber und der Ruhegehaltsbezüge der Bahnangestellten erfolgt die Abtretung der Eisenbahnen unter folgenden Bedingungen:
    1. Sämtliche Eisenbahnanlagen und -einrichtungen müssen vollständig und in gutem Zustand übergeben werden;
    2. wird ein Eisenbahnnetz mit eigenem Wagenpark als ganzes von Deutschland an eine der alliierten und assoziierten Mächte abgetreten, so ist dieser Wagenpark vollständig nach der letzten Bestandsaufnahme vor dem 11. November 1918, und zwar in normalem Zustand abzuliefern;
    3. für Strecken ohne eigenen Wagenpark wird der abzuliefernde Bruchteil des Wagenparks des Eisenbahnnetzes, zu dem diese Strecken gehören, von Sachverständigenausschüssen bestimmt, die durch die alliierten und assoziierten Mächte ernannt werden und in denen Deutschland vertreten ist. Diese Ausschüsse haben dabei die Größe des für diese Strecken bei der letzten Bestandsaufnahme vor dem 11. November 1918 verzeichneten Wagenpark, die Länge der Strecken einschließlich der Nebengeleise, die Art und den Umfang des Verkehrs zu berücksichtigen. Desgleichen haben sie die Lokomotiven, Personen- und Güterwagen zu bestimmen, die in jedem einzelnen Falle abzutreten sind, die Übernahmebedingungen festzusetzen und die einstweiligen Anstalten zu ihrer Instandsetzung in den deutschen Werkstätten zu treffen;
    4. Vorräte, bewegliche Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge sind unter denselben Bedingungen wie der Wagenpark abzuliefern.
  Die Bestimmungen der obigen Nummern 3 und 4 finden Anwendung auf die Strecken des ehemaligen Russisch-Polen, die von Deutschland auf deutsche Spurweite umgenagelt sind; diese Strecken gelten als abgezweigter Teil des preußischen Staatseisenbahnnetzes.

Kapitel IV.
Bestimmungen über einzelne Eisenbahnlinien.

Artikel 372.

  Durchquert infolge der Festsetzung neuer Grenzen eine Eisenbahnverbindung zwischen zwei Teilen desselben Landes ein anderes Land oder verläuft eine Zweiglinie aus einem Land in ein anderes, so werden vorbehaltlich der Sonderbestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die Betriebsverhältnisse in einem Abkommen zwischen den beteiligten Eisenbahnverwaltungen geregelt. Können diese Verwaltungen sich über die Bedingungen dieses Abkommens nicht einigen, so werden die Streitfragen gegebenenfalls durch Sachverständigenausschüsse entschieden, die nach den Bestimmungen des vorstehenden Artikels gebildet werden.

Artikel 373.

  Innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags kann die Tschecho-Slowakei auf deutschem Gebiet den Bau einer Eisenbahn zur Verbindung der Stationen Schlauney und Nachod verlangen. Die Baukosten gehen zu Lasten der Tschecho-Slowakei.

Artikel 374.

  Deutschland verpflichtet sich, innerhalb einer Frist von zehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags auf einen von der schweizerischen Regierung nach vorheriger Verständigung mit der italienischen gestellten Antrag hin die Kündigung des internationalen Übereinkommens vom 13. Oktober 1909 über die Gotthardbahn anzunehmen. Sollte über die Bedingungen dieser Kündigung kein Einverständnis erzielt werden, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, sich der Entscheidung eines von den Vereinigten Staaten von Amerika zu ernennenden Schiedsrichters zu unterwerfen.

Kapitel V.
Übergangsbestimmungen.

Artikel 375.

  Deutschland hat den Beförderungsanweisungen einer im Namen der alliierten und assoziierten Mächte handelnden Behörden nachzukommen, und zwar:
    1. hinsichtlich der Beförderung von Truppen in Ausführung des gegenwärtigen Vertrags sowie hinsichtlich der Beförderung von Gerät, Munition und Vorräten für den Heeresbedarf;
    2. vorläufig hinsichtlich der Beförderung von Nahrungsmitteln für bestimmte Gegenden, hinsichtlich möglichst schneller Wiederherstellung normaler Beförderungsverhältnisse und hinsichtlich der Einrichtung des Post- und Drahtverkehrs.

Abschnitt IV.
Entscheidung von Streitigkeiten und Nachprüfung der Bestimmungen mit dauernder Geltung.

Artikel 376.

  Streifragen, die zwischen den beteiligten Mächten über die Auslegung und Anwendung der vorstehenden Bestimmungen entstehen, werden in der von dem Völkerbund vorgesehenen Weise geregelt.

Artikel 377.

  Der Völkerbund kann jederzeit die Nachprüfung derjenigen vorstehenden Artikel, die sich auf ein dauerndes Verwaltungsverhältnis beziehen, anregen.

Artikel 378.

Die Bestimmungen der Artikel 321 bis 330, 332, 365 und 367 bis 369 dürfen nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags jederzeit von dem Rate des Völkerbunds nachgeprüft werden.
  Mangels einer solchen Nachprüfung kann nach Ablauf der im vorstehenden Absatz vorgesehenen Frist keine der alliierten und assoziierten Mächte den Vorteil irgendeiner der Bestimmungen, die in den vorstehend aufgezählten Artikeln enthalten sind, zugunsten eines Teiles ihrer Gebiete, für den sein keine Gegenseitigkeit gewährt, beanspruchen. Die fünfjährige Frist, während der keine Gegenseitigkeit gefordert werden darf, kann vom Rate des Völkerbundes verlängert werden.

Abschnitt V.
Sonderbestimmungen.

Artikel 379.

  Unbeschadet der besonderen Verpflichtungen, die Deutschland zugunsten der alliierten und assoziierten Mächte durch den gegenwärtigen Vertrag auferlegt sind, verpflichtet sich Deutschland, jedem allgemeinen Übereinkommen über die internationale Regelung des Durchgangsverkehrs, der Schiffahrtswege, der Häfen und Eisenbahnen beizutreten, das zwischen den alliierten und assoziierten Mächten mit Zustimmung des Völkerbunds binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags abgeschlossen wird.

Abschnitt VI.
Bestimmungen über den Kieler Kanal.

Artikel 380.

  Der Kieler Kanal und seine Zugänge stehen den Kriegs- und Handelsschiffen aller mit Deutschland in Frieden lebenden Nationen auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung dauernd frei und offen.

Artikel 381.

  Die Staatsangehörigen, Güter, Schiffe und Boote aller Mächte werden hinsichtlich der Abgaben, der Abfertigung sowie in jeder anderen Richtung bei der Benutzung des Kanals auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung behandelt, so daß jeder Unterschied zuungunsten der Staatsangehörigen, Güter, Schiffe und Boote irgendeiner Macht gegenüber den deutschen Reichsangehörigen sowie den Gütern, Schiffen und Booten Deutschlands oder der meistbegünstigten Nation ausgeschlossen bleibt.
  Der Verkehr von Personen, Schiffen und Booten erfährt keine anderen Beschränkungen als solche, die sich aus den Polizei- und Zollvorschriften, aus den Vorschriften über das Gesundheitswesen, sowie über Aus- und Einwanderung, endlich aus Ein- und Ausfuhrverboten ergeben. Diese Bestimmungen müssen angemessen und gleichmäßig sein und dürfen den Handel nicht unnötig behindern.

Artikel 382.

  Für die Benutzung des Kanals oder seiner Zugänge dürfen von den Schiffen und Booten nur Abgaben erhoben werden, die zur angemessenen Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder die Verbesserung des Kanals oder seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im Interesse der Schiffahrt dienen. Ihr Tarif wird nach diesen Ausgaben berechnet und in den Häfen ausgehängt.
  Diese Abgaben werden so festgesetzt, daß eine ins einzelne gehende Untersuchung der Ladung nicht nötig ist, es sei denn, daß Verdacht des Schmuggels oder einer Übertretung besteht.

Artikel 383.

  Durchgangsgüter können unter Zollverschluß gebracht oder unter die Aufsicht der Zollbeamten gestellt werden; die Ein- und Ausladung der waren sowie die Ein- und Ausschiffung der Reisenden darf nur in den von Deutschland bezeichneten Häfen erfolgen.

Artikel 384.

  Auf der ganzen Strecke sowie auf den Zugängen des Kieler Kanals dürfen andere Abgaben irgendwelcher Art als die in dem gegenwärtigen Vertrage festgesetzten nicht erhoben werden.

Artikel 385.

  Deutschland ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung von Schiffahrtshindernissen oder -gefahren zu treffen und die Erhaltung guter Schiffahrtsverhältnisse sicherzustellen. Es darf keine Arbeiten unternehmen, die der Schiffahrt auf dem Kanal oder seinen Zugängen Abbruch tun könnten.

Artikel 386.

Im Falle der Verletzung einer der Bestimmungen der Artikel 380 bis 386 oder bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Artikel kann jede beteiligte Macht den vom Völkerbund zu diesem Zwecke eingesetzten Gerichtshof anrufen.
  Um zu vermeiden, daß Fragen von geringer Bedeutung vor den Völkerbund gebracht werden, errichtet Deutschland in Kiel eine Ortsbehörde, die berufen ist, über Streitigkeiten in erster Instanz zu befinden und nach Möglichkeit den durch die konsularischen Vertreter der beteiligten Mächte etwa vorgebrachten Beschwerden abzuhelfen.

[...]

Quelle: Reichsgesetzblatt 1919, S. 701-747.

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Datum der letzten Änderung : Jena, den : 17.03.2013